TITUS
Konrad von Megenburg, Buch der Natur: Part No. 163

Chapter / Strophe: 42 
   42.
Line: 5
   
Line: 6
   VON DEM WOLF.



Line: 7    Lupus haizt ain wolf und ist ain ungetrew tier und
Line: 8    ain rehter rauber. die wolf zereizent der vischer netz
Line: 9    pei dem mer, wenne si die vischer auf rihtent ze trückenne,
Line: 10    si lâzen den wolfen denne visch an der selben stat. der   10
Line: 11    wolf nimt vil rauher weiden in daz maul und verpirgt
Line: 12    sich dar under, unz die geiz dar über koment: sô væht er
Line: 13    si. wenn er auf laub gêt, sô macht er sein klâen naz
Line: 14    mit der zungen, daz er iht rausch und in die hund iht
Line: 15    hœren. wenne der wolf in den schâfstal gêt, sô genüegt   15
Line: 16    in niht an ainem schâf, daz er daz tœt und den hunger
Line: 17    vertreib, er erwürgt si alliu und zeucht si auf ainen haufen.
Line: 18    des wolfes woll kreucht voller würm ze stunden. Aristo\tiles
Line: 19    spricht, daz des wolfes pluot und auch sein mist
Line: 20    guot sein für den grimmen in dem leib, den man haizt   20
Line: 21    die permuoter und haizt ze latein colica. er hât des
Line: 22    tages ain tunkel gesiht und des nahtes ain scharpfez.
Line: 23    Plinius spricht, ist daz der wolf sich sicher waiz vor
Line: 24    dem menschen, sô læzt er sein grimmichait und eilt niht
Line: 25    snell, er trabt gemach über daz velt. Ambrosius spricht,   25
Line: 26    ist daz dich der wolf ê sicht wann dû in, sô benimpt er
Line: 27    dir die stimm, und wenne dû bestummest, sô entsleuz
Line: 28    deineu kleider, dar umb, daz dû dein stimm entsliezst.
Line: 29    ist daz der wolf dich anvehten wil, sô wer dich mit stai\nen,
Line: 30    wan die fleuht er. ist daz er dir nâch volgt, sô gê   30
Line: 31    rüklingen, daz er dich anseh, und leg ain zaichen zwi\schen
Line: 32    im und dir, ez sei ain stain oder ain holz oder
Line: 33    waz ez sei, sô wænt er, dû habest im strick gelegt, und
Line: 34    kümpt niht für paz. kain tier daz flaisch izt mag kraut

Page: 148
Line: 1    ezzen ân smerzen und ân siehtum, ân den menschen und
Line: 2    ân den pern. wenne der wolf menschenflaisch versuocht,
Line: 3    sô gelust in sein mêr, wann menschenflaisch ist zimleicher
Line: 4    und süezer ze ezzend wan kain ander flaisch, und dar umb
Line: 5    wagt er dann daz leben nâch dem menschen. die wolf ha\bent   5
Line: 6    die art, daz si daz feur fürhtent. diu selb erznei ist
Line: 7    für der wolf piz guot diu für der töbigen hunde piz guot
Line: 8    ist, wan vergift gêt auz den wolfen, diu auz den töbigen
Line: 9    hunden gêt. wenne der wolf über ainen zaun gêt oder
Line: 10    dâ pei und er den schâfen haimleich lâg setzt, ist dann   10
Line: 11    daz im ain fuoz rauscht oder kraspelt an dem zaun, sô
Line: 12    peizt er sich selber in den fuoz, sam ob der fuoz dar an
Line: 13    schuldig sei. des wolfs hirn nimt auf und ab nâch dem
Line: 14    mônn, und wie daz sei in allen tiern, doch ist ez an dem
Line: 15    wolf mêr und an den hunden. wenne des wolfs herz ver\prant   15
Line: 16    ist und gepulvert, geit man ez in trinken den hin\vallenden
Line: 17    läuten, die epilensiam habent, ez hilft si, ist
Line: 18    daz der siech dâ nâch niht unkäuscht. wer daz herz
Line: 19    trückent und ez behelt, sô wirt ez gar edelleichen sme\ckend,
Line: 20    alsô sprechent die ez versuocht habent.   20






Copyright TITUS Project Frankfurt a/M 1999-2000. No parts of this document may be republished in any form without prior permission by the copyright holder.