TITUS
Konrad von Megenburg, Buch der Natur: Part No. 177

Chapter / Strophe: 56 
   56.
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   VON DEM SCHAF.



Line: 18    Ovis ist ain schâf. die hirten versuochent, welhiu
Line: 19    schâf geleben mügen über den winter, und sprengent eis\kaltez
Line: 20    wazzer auf ir aller sterz. welhez dann daz wazzer   20
Line: 21    vast von im schütt, daz ist stark; welhez aber des niht
Line: 22    tuot, daz ist krank. daz schâf hât minner vernunft danne
Line: 23    andreu tier. daz siech schâf macht diu andern leiht
Line: 24    siech, dar umb muoz man ez von in schaiden. des widern
Line: 25    art ist, daz er die äcker versmæht und läuft auz weges   25
Line: 26    an die pühel. sein grimmichait wirt gestillt mit dem,
Line: 27    daz man im diu hörner versegt. die dönr machent die
Line: 28    ainlützen schâf erwerfend ir fruht; dâ wider gehœrt, daz
Line: 29    man si zuo ainander samene under ain dach. diu schâf
Line: 30    werdent vaizt von vil wazzertrinkens und allermaist von   30
Line: 31    trüebem wazzer nâch mittem tag; dar umb gebent in die
Line: 32    hirten vil salzes in dem ezzen, daz si vast trinken und

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Line: 1    vil milich gewinnen. Isidorus spricht, daz der wider ainen
Line: 2    wurm in dem haupt hab; dar umb wenne in der wurm
Line: 3    müeget, sô stœzt er mit ainem andern wider. er ligt ain
Line: 4    halbez jâr auf ainer seiten und daz ander halb auf der
Line: 5    andern seiten. diu schâf sterbent gar schier, wenne si daz   5
Line: 6    himeltrôr ezzent in dem maien oder dar nâch, sô ez auf
Line: 7    daz gras gevellt, und wenne si sich der eher überfüllent
Line: 8    in dem augst. alsô geschiht den läuten, die der süezen
Line: 9    diser werlt nâch volgent: die sterbent mit dem êwigen
Line: 10    tôde. dâ von spricht Boecius in dem trôst der weishait:   10
Line: 11    zwai vaz ligent an dem weg Jovis, daz ist an der strâz
Line: 12    gotes, ainz vol wermuot (daz ist ain pitter kraut) und
Line: 13    ainz vol süezes honiges. dâ von schüll wir leben under
Line: 14    got, daz wir die süezen mit der säuren mischen. Ari\stotiles
Line: 15    spricht, daz diu schâf unperhaft werden von grô\zer   15
Line: 16    vaizten. diu milch swarzer schâf ist pezzer und grœ\zer
Line: 17    wan an den weizen, aber an den gaizen ist daz
Line: 18    widerwarts. Ambrosius spricht, daz schâf izzt unmæzic\leichen
Line: 19    kraut, dar umb, daz ez den scharpfen winter
Line: 20    fürht, sô wil ez sich vor des krautes saten, ê im daz   20
Line: 21    der winter nem. wenne man si füert an dürre waid, sô
Line: 22    lebent si verr lenger wan auf fäuhter waid. wer si auz
Line: 23    ainem prinnenden haus füeren wil, der muoz si vast hal\ten
Line: 24    oder si laufent wider in daz feur. wenne diu jungen
Line: 25    schâf zuo der unkäusch eilent, daz ist gar pœs, wan ez   25
Line: 26    bedäut den schelmen an in. Aristotiles spricht, wenn diu
Line: 27    schâf gesalzenz wazzer trinkent, sô unkäuschent si ê der
Line: 28    zeit. wenn diu schâf swanger werdent gegen dem nor\denwint,
Line: 29    sô pringent si stärl; sô aber si zuogevâhent
Line: 30    gegen dem sudenwint, sô pringent si weibel. sint die   30
Line: 31    âdern weiz under des schâfes zungen, sô werdent die
Line: 32    lämpel weiz; sint aber si swarz, sô werdent si auch
Line: 33    swarz, und sint si rôt, sô werdent si zwivirbig. er
Line: 34    spricht auch, wenn diu schâf gar vaizt werdent an den
Line: 35    niern, sô sterbent si. daz schâf hilft wol, daz ez sich   35
Line: 36    ergê an dem âbent. lemrein flaisch ist starken und ge\sunden

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Line: 1    läuten gar gesunt, aber siechen ist ez ungesunt.
Line: 2    Isidorus spricht, ain lamp ze latein ist gesprochen ain
Line: 3    erkenner, wann ez erkennt sein muoter paz denne andreu
Line: 4    tier tuon, oder haizt agnus, von dem kriechischen wort
Line: 5    agnon, daz ist sänft, wan ez ist ain sänftez tierl. Alex\ander   5
Line: 6    spricht, ain schæffenz vel wirt nümmer guot ze
Line: 7    pirmet noch kain vaizteu haut. Aristotiles spricht, wenn
Line: 8    der wolf schâfwollen izt und die däwet, sô werdent mê
Line: 9    würmlein dar inne auf der erden, wan auz anderm hâr.






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