TITUS
Konrad von Megenburg, Buch der Natur: Part No. 271
Chapter / Strophe: 9
9.
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VON DEM DELPHIN
Line: 16Delphinus haizt ain delphin. daz mertier hât kainen
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munt an der stat, dâ in andreu tier habent, wan ez hât
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seinen munt an dem pauch unden, wider aller wazzertier
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art. Solînus spricht, daz die delphin ir zungen wegen
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und daz si gespitzelt zungen haben scharpf und rauch 20
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an dem griff und vast gepukelt. die zungen erstarrent
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und streckent sich auz irn münden, wenn die delphin zür\nent;
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aber wenne si gesänftigt werdent, sô besliezent sich
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die zungen wider an irn steten. der delphin smeckendeu
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kraft ist gar verporgen, alsô daz man niht kan gesehen, 25
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wâ mit si smecken, wan si habent niht nasen. idoch
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smeckent si gar wol und gar aigenchleichen. ez spricht
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ain vorschær, daz der delphin hundert jâr und vierzig jâr
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leb mit ab gehawem swanz. si hœrent gar gern süez ge\sang
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und saitenspil. si sint gar snell und habent niht 30
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gallen, sam Aristotiles spricht. ez spricht auch ain vor\schær,
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wâ ain mensch sei, daz ains delphins flaisch ezz,
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gevelt daz in daz mer und werdent sein die delphin ge\war,
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sô frezzent si ez zehant. ist aber, daz der mensch
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des delphins niht izzt, sô tragent si in auz dem wazzer
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an daz lant und beschirment in vor andern mertiern. ez
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geschach auch, sam Albertus spricht, daz die schefläut
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in dem mer ainen härpfer angriffen und wolten in er\trenken,
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der hiez Arrio. dô pat der selb härpfær die 5
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schefläut, daz si in vor ain klain liezen harpfen. daz
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geschach. dar nâch wurfen si den härpfer in daz mer.
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dô kômen die delphin und nam in ainr auf den ruck und
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truog in auz an daz gestat. wenn ain delphin wirt ge\vangen,
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sô wainent in die andern, sam Plinius spricht, 10
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und wirt er ertœtt, sô begrabent in die andern. Albertus
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spricht auch, daz ain seltzam dinch geschæhe under den
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zeiten, dô der kaiser Augustus lebt, wan dô was ain kint
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in dem land Campani, daz dâ ligt zwischen Rôm und
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Napels, daz kint loff stætigs zuo dem mer wenn im diu 15
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muoter ain prôt gab und zämt ainen delphin zuo im auz
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dem mer an daz gestat und ätzt in zuo letzt mit seiner
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hant. nu saz daz kindel ains tages auf den delphin, dô
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truog er ez oft in daz mer und her wider an daz lant.
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dô er nu daz kindel tôt vant, daz ain gesell seiner kurz\weil 20
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was gewesen, dô starp er von rehtem laid, daz ez
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manig mensch sach. Nu sprechent manig zuo mir, daz
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diu wunder lugen sein, und hœrent doch von türsen und
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von recken die grœsten lugen, die ich ie gehôrt. und dâ
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von, daz si der wunder niht gesehen habent, sô gelaubent 25
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si ir niht. waz wil ich der? ich schreib daz ich weiz
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und dem ich wil und dem der ez wil.
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