TITUS
Johannes Fischart, Geschichtsklitterung
Part No. 684
Paragraph: 4
Die
Frawen
Kleideten
sich
erstlich
nur
nach
jhrem
wolgefallen
:
Darnach
aber
worden
sie
nach
jrer
9
freyen
willigung
10
reformirt
in
gestalt
wie
folget
.
Sie
trugen
weiß
Scharlachen
Hosen
,
die
giengen
gerad
drey
finger
preit
vber
die
Knie
:
Die
Hosenbendel
waren
eben
der
Farb
,
deren
die
Armband
vnd
Händschuch
,
vnnd
bunden
sie
kreutzweiß
oben
vnd
vnter
dem
Knie
:
die
Schuch
,
Pantoffelchen
vnd
mäulen
von
rot
Carmesinsammat
zerschnitten
wie
ein
Krebsbart
:
die
Beltz
von
gutem
Fäh
mit
Seidenschamlot
vberzogen
:
den
vberrock
mit
Gold
vnd
Silber
durchsticktem
Taffat
,
Grobgrän
11
,
Satin
,
Damast
,
vnnd
anderem
newerfundenem
Carteck
,
auff
alle
Fest
etwas
besonders
:
köstlich
Perlingestickte
Haarhauben
,
vnd
die
sammete
Paretlin
darauff
,
auff
die
Meichßnisch
art
zur
seiten
hangend
,
wie
die
Leipsische
Jungfrawkräntzlin
zur
Hochzeit
:
auch
flinderfedern
darauff
,
wie
der
Turgäuisch
Adel
,
wan
sie
einmal
inn
ein
Meß
kommen
:
Jtem
im
Winter
ein
Nörnbergisch
beltzen
mäntelin
von
Zobeln
12
,
Genetkatzen
,
Calabrischen
Martern
,
vnd
anderm
futer
vnd
gefüll
:
die
Paternoster
,
Ring
vnnd
Halsgeschmeyd
,
waren
von
guten
Edelngsteinen
:
der
Hauptschmuck
nach
13
gelegenheit
der
zeit
:
Im
Winter
auff
die
Frantzösisch
,
im
Meyen
auff
die
Spanisch
,
im
Sommer
auff
die
Toscanisch
Manier
:
außgenommen
auff
Festen
giengen
sie
Teutsch
,
weil
14
es
einfaltig
erbar
scheint
,
wie
die
Letze
kirsenbeltz
zu
Straßburg
.
Die
Männer
hatten
zu
stümpffen
stammet
,
oder
Särge
,
oder
Scharlach
:
zu
gesäsen
,
Page of re-edition: 428
vnnd
Wammast
Zendeldort
,
Toppeltaffat
,
gesträmten
sammat
,
nach
jrem
lust
gestept
,
gefranset
vnd
zerschnitten
:
die
Nestel
von
Seiden
,
nach
der
Hosen
farb
,
mit
silbern
stefftzen
:
jre
röck
,
mäntel
vnd
kappen
eben
so
statlich
als
der
Frawen
,
mit
guldinen
knöpffen
,
Page: 553
oder
dickbekrößten
fransen
,
hafften
,
Ketten
,
wie
die
reichen
Holsteinjunghern
:
der
gürtel
war
des
wammest
farb
,
vnnd
das
Wehr
daran
geetzt
,
conterfeit
,
versilbert
vnd
vergult
,
deßgleichen
der
Tolchen
gar
in
die
Saurmilch
gestosen
,
zuzeiten
in
Kindstreck
,
wie
der
Schweitzer
Pratfischtölchlin
.
Das
paret
aber
fürnemlich
von
guten
schwartzen
sammat
,
mit
einer
schönen
schnur
von
gulden
spangen
vnd
bollen
,
dan
das
haupt
,
als
ein
sitz
aller
witz
,
billich
an
gelehrten
vnd
weisen
Leuten
zukrönen
steht
:
darumb
hat
allein
vnder
den
Göttern
Mercurius
ein
Hütlin
auf
,
vnd
darzu
als
ein
guter
Federfechter
,
Federn
drauff
:
16
gleich
wie
auch
vnsere
Mutwillige
Ordensleut
oder
Gutwilligiter
befidert
warn
,
halb
gelb
vnnd
halb
schwartz
,
nach
des
Reichs
farb
,
auff
Sächsisch
,
mit
Schmaragden
vnd
Rubinen
versetzt
.
Auch
war
ein
solche
vergleichung
vnter
Mann
vnd
Frawen
,
daß
sie
täglich
alle
sampt
inn
gleicher
Kleidung
erschienen
:
Dann
sondere
Leut
darzu
bestellt
waren
,
die
es
beiden
theil
ankündeten
:
Gleichwol
mußt
deßfalls
alles
nach
des
Frawenzimmers
bedencken
geschehen
,
dann
die
wissen
Planetenmäßlich
wol
,
welche
verworffene
Tag
ein
farb
gut
ist
.
Auch
solt
jhr
nicht
meinen
,
daß
sie
viel
weil
mit
der
rüstung
zuprachten
,
als
wann
man
eim
Baier
ein
Harnisch
soll
anthun
,
sonder
wißt
,
daß
sie
sondere
Kleiderverwarer
zu
solcher
Sacristei
hatten
,
die
es
versahen
.
Vmb
den
Forst
zu
Theleme
,
auff
ein
halbe
Meil
,
war
ein
gantzer
Flecken
,
darinn
sasen
nichts
als
Goldschmid
,
Guffenspitzer
,
Näherin
,
Seidenstrickerin
,
Edelgesteinhändler
,
Weber
,
Wircker
,
Schneider
,
Goldspinnerin
,
Sammatmacher
,
die
all
inns
Kloster
arbeiteten
:
Denen
schafft
Herr
Nausicletus
Schiffprächt
genug
zeugs
,
dann
Järlich
pracht
er
jhnen
siben
Schiff
auß
Page: 554
den
Canibaln
vnd
Perlininseln
,
beladen
mit
Kleinot
,
Margariten
,
Gulden
Leinwat
vnd
roher
Seiden
.
Wa
etlich
Perlin
veralteten
,
vnd
die
recht
weiß
Farb
nicht
meh
hilten
,
vernewerten
sies
bald
durch
ein
newe
Kunst
,
daß
sie
die
eim
schönen
Hanen
zu
fressen
gaben
vnd
jm
durch
den
magen
lauffen
lisen
,
als
wan
man
die
Falcken
Page of re-edition: 429
curirt
,
vnd
als
dann
wider
drauß
lassen
,
wie
die
Apotecker
dz
Gold
,
die
Landsknecht
das
Gelt
,
die
Wurmsamenkrämer
die
Spulwürm
,
vnd
die
alte
karge
Euclyones
die
alte
nägel
auß
den
Katlachen
:
das
ist
ein
kunst
für
die
,
so
die
rote
Müntz
Quecksilbern
,
vnnd
die
leichte
Kronen
mit
Orenschmaltz
schmieren
,
vnnd
jhr
Andlitz
mit
Bruntz
weschen
vnd
den
Leib
inn
öl
baden
.
Innsumma
jhr
gantz
Leben
war
inn
kein
Regel
,
gesatz
noch
ordnung
eingefangen
,
sonder
alles
gieng
nach
eygenem
willen
:
sie
stunden
auff
wans
jhnen
geful
on
Mettenläuten
,
trancken
,
asen
,
Zechten
,
Arbeiteten
,
schlieffen
wann
jhnen
der
Lust
kam
:
Keiner
weckt
sie
,
auch
kein
Han
:
Keyner
nötigt
sie
zutrincken
,
wie
auch
nit
zu
feisten
.
Also
hets
Gurgellantua
16
geordnet
:
Vnnd
jhr
gantze
Regul
war
inn
dem
spruch
,
Thu
was
du
wilt
.
Was
dein
Hertz
Stillt
.
17
Dann
ein
Adelicher
mut
,
thut
vngezwungen
das
gut
:
genötet
heißt
getödtet
:
was
man
verbeut
,
das
thun
erst
die
Leut
:
Darumb
man
sie
treibet
vnnd
trübet
,
dasselb
jnen
geliebet
:
'Nitimur
in
vetitum
'
.
Wir
schwimmen
gern
wider
den
Stram
.
Durch
diese
Freyheit
kamen
sie
dahin
,
das
was
einem
gefuhl
,
dem
andern
nicht
mißful
,
was
der
jung
Themistocles
wolt
,
das
wolt
sein
Muter
,
was
s
in
Muter
wolt
,
das
wolt
auch
der
alt
Themistocles
,
vnd
was
diser
alt
wolt
,
das
wolt
der
gantz
Rhat
zu
Athen
,
vnd
also
was
die
jungen
legten
,
mußten
die
alten
prüten
:
wann
einer
oder
eine
sagt
,
wolauff
laßt
vns
trincken
,
Page: 555
so
trancken
sie
alle
wie
die
Gänß
:
wann
einer
ginet
vnnd
göwet
,
so
göbeten
sie
all
:
Wolten
sie
jagen
,
so
sassen
die
Frawen
auff
jhre
Zelter
,
zohen
Hirschen
Händschuch
an
vnd
ein
Sperber
drauff
.
Sie
waren
also
18
geschickt
,
das
keine
,
geschweig
einer
,
war
,
die
nicht
schreiben
,
geschweig
lesen
,
auff
allen
Instrumenten
spilen
,
mit
fünff
sprachen
reden
,
schöne
Prieff
,
orationen
,
gespräch
vnd
Reimen
stellen
konnt
,
besser
als
im
Thresor
des
Amadys
.
Begab
sichs
dann
,
das
jemands
auß
demselben
Stifft
tretten
wolt
,
so
nam
er
mit
jhm
eine
,
oder
einen
,
auff
die
er
oder
sie
,
sein
oder
jre
andacht
gelegt
hat
,
hinauß
,
vnnd
worden
zusamen
verheuraht
:
vnnd
hatten
sie
vor
freundlich
miteinander
zu
Willigmut
19
gelebt
,
so
lebten
sie
darnach
inn
der
eh
noch
freundlicher
,
der
letzt
tag
jhrer
eh
war
jhnen
so
freudig
als
der
erst
.
20
Ich
kan
auch
nicht
vnderlassen
,
inn
folgendem
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Capitel
euch
ein
'AEnigma
'
oder
Knorrenknochig
Inwolckerisch
vergriffen
Scirpescrupisch
Rhäters
oder
Rhätzal
zubeschreiben
:
welches
in
einer
Kupfferin
Blatten
im
Fundament
gedachter
Abtei
ist
gefunden
worden
. :
Vnnd
dasselb
lautet
wie
folget
.
This text is part of the
TITUS
edition of
Johannes Fischart, Geschichtsklitterung
.
Copyright
TITUS Project
, Frankfurt a/M, 7.5.2019. No parts of this document may be republished in any form without prior permission by the copyright holder.