TITUS
Konrad von Megenburg, Buch der Natur: Part No. 145
Chapter / Strophe: 24
24.
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VON DEM HELFAND.
Line: 14Elephas haizt ain helfant. daz hât die art, daz ez
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gar schier haimleich und sänftig wirt, und ist kain wildez 15
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tier, daz sô schier haimleich werd und den läuten under\tân,
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sam daz ist. ez hât auch guot gedæhtnüss, und dâ
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von lernt ez leiht, daz ez sitig wirt ze allem dem, dâ zuo
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man sein bedarf. Aristotiles spricht, daz vil tier guot
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gedæhtnüss haben alles des si gehœrent oder gesehent. 20
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daz ist wâr von dem gedæhtnüss der unvernünftigen sêl,
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diu dâ haizet die unvernünftig pilderinne und haizet ze
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latein estimativa; aber si habent des vernünftigen gedæht\nüss
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niht, wan daz hât allain der mensch. wenne man
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die helfande jagt, sô vallent si auf herte erd oder auf 25
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stain und zerprechent iriu pain dar umb, daz man si iht
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tœt durch des pains willen, wan helfenpain ist gar edel
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und haizt ze latein ebur. der helfant wirt niht verwunt
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wan datz dem nabel. si richtent sich etwaz nâch der
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stern zuht, wan sô der môn wehst, sô gênt si daz wazzer 30
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ordenleichen auf, und sô si dan naz werdent, sô gênt si
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gegen der sunnen aufganch und springent sô si maist
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mügent, und tuont daz oft. der elephant wirt haimleich
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mit marter und mit pên. wenne die elephanten über ain
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wazzer wellent waten, sô schickent si die klainsten für
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dar umb, daz die grôzen den grunt iht tief treten und
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die päch tief machen. si kriegent stætigs mit den tracken. 5
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Plinius spricht, daz die elephanten nümmer unkäuschent
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wann in verborgenen steten. alsô schament si sich der
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werch, und sô si unkäuschent, sô köment si niht wider
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zuo der hert, si waschen sich dann vor auz den wazzern.
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si kriegent niht umb iriu weip, wan si prechent ir ê niht. 10
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sô diu muoter gepern schol, sô gêt si in ain tief wazzer,
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dar umb, daz diu gepurt iht vall auf die erd, wan sô
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möht si niht auf komen. wenn diu muoter der gepurt
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genesen ist, sô ruot si driu jâr alsô daz si niht gepirt,
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und sô si swanger ist worden, sô rüert si ir man nien\dert, 15
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und tregt die fruht in irm leib zwai jâr. Solînus
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spricht, die elephanten unkäuschen in zwain jârn neur
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zwên tag und niht mêr. si fürhtent die mäus und fliehent
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si, wan ir smack müet si. si sint gar hert auf dem ruk,
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aber unden an dem leib sint si waicher. andreu tier 20
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fliehent den rauch, der dâ kümt von des helfands inge\waid
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und von seiner haut. si lebent von nâtûr driuhun\dert
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jâr. si mügent gar wênig kelten geleiden. Jacobus
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spricht, daz ir pain gar kalt sei und weiz. daz prüef wir
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dâ pei, wer ain helfenpain hüllet in ain tuoch und legt 25
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ez auf ainen haizen koln, ez verprent daz tuoch niht und
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erlischet daz feur von der nâtürleichen kelten des helfen\pains.
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Solînus spricht, die elephanten schaden niemd
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unz daz si gerizzen sint oder müed worden von fliehen,
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wan sô müezent si sich wern. und sô fliegen auf irn 30
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ruck sitzent, sô ziehent si die haut in runzeln und klem\ment
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die vliegen ze tôd, wan si habent niht afterwädel,
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dâ mit si sich wern. wizz, daz des elephandes inwendigeu
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gestalt ist geschickt wider alliu erdischiu tier, iedoch
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spricht Aristotiles, daz der elephand inwendigeu gestalt 35
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sei sam ain swein. ist dem alsô, sô ist er auch sam ain
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mensch inwendig. des elephanten pain geprant verjagt
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die slangen und vergift. ez sprechent etleich, sô der
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elephant erzürnet werd, alsô daz er ainen muot gevâh ze
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streiten mit andern tiern oder mit dem menschen, der im
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dann zaigt ain rôt wazzer oder rôten wein und stellt ain 5
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greindez swein für in, sô verleust er alle sein manhait.
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etleich sprechent auch, daz der elephant in der jugent
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seiniu knie gepiegen müg, aber in dem alter niht, wan
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si erstorrent. alsô mügent die jungen pfaffen und münich
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sich gepiegen zuo grôzer arbait, aber daz alter hât niht 10
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kraft dar zuo. die jungen elephanten habent die art,
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wenne der alt vellt, sô hebent si in auf mit irm slauch,
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der haizt ze latein promuscides und ze däutsch slauch
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oder rüezel. sô si in nu auf habent gehebt, sô leident
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si smerzen in den glidern, dâ wider ist in gesunt, daz si 15
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trinkent kalt wazzer und ezzent gras mit honig gesprängt.
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der elephant trinket von nâtûr gern wein. er wehst vier\zig
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jâr, dar nâch enpfindet er des frostes und des winters
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und des kalten windes. daz maht dû geleichen den jun\gen
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gelêrten läuten von dir selber. nu merk ain tugent 20
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an dem helfanden. wenn man in zämt, sô sleht man in
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vast, und wer in dan von den slegen erlœst, dem ist er
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für paz alle zeit gehôrsam. die tracken setzent in alle
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zeit lâg, wenn si wol getrunken habent. alsô tuot der
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pœs gaist dem menschen. 25
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