TITUS
Johannes Fischart, Geschichtsklitterung
Part No. 686
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Paragraph: 3  
Verse: 1     JR Armen Menschen, die stets harren
Verse: 2     
Auff glücklich zeit, wan die komm gfahrn,
Verse: 3     
Erhebt nun ewer girig gmüter,
Verse: 4     
Vnd hört mir zu, was ich euch fider,
Verse: 5        
Das ist, was ich euch jetz dictier
Verse: 6        
Mit der Feder auff diß Papyr.
Verse: 7     
Wan man soll für gewiß gantz glauben
Verse: 8     
Daß Menschlich sinn so hoch sich schrauben
Verse: 9        
Daß sie auß dem Gestirn dort oben
Verse: 10        
Oder auß viln vorgangnen Proben
Verse: 11     
Mögen was zukönfftigs vorsagen
Verse: 12     
Von dem, was sich hie werd zutragen :
Verse: 13        
So geb ich zuverstehn nun euch,
Verse: 14        
Daß eben jetz den Winter gleich,
Verse: 15     
Ja eben hie inn disem Land
Verse: 16     
Da du nun stehst vnd ich nun stand
Verse: 17        
Auffkommen werd ein art von Leuten,
Verse: 18        
Die also wird Fraw Vnrhu reuten,
Verse: 19     
Daß sie kein Rhu nicht werden haben,
Verse: 20     
Sonder vngscheucht herumbher traben
Verse: 21        
Bei hellem tag, vnd sich bemühen
Verse: 22        
Allerley Standes Leut zuziehen
Verse: 23     
Auff jr weiß zu Rotten vnd Trennung,
Verse: 24     
Zu streitig Partheischer meynung.
Verse: 25        
Ja welche jnen geben werden
Verse: 26        
Gehör vnd glauben, wie sie bgerten3,
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Verse: 27     
Die werden sie gleich, vngeacht,
Verse: 28     
Es kost gleich gelt, gut oder Macht,
Verse: 29        
Bringen dahin, daß die Verwandten
Verse: 30        
Vnd besten Freund, on schew all schanden
Verse: 31     
Werden gantz trotziglicher massen
Verse: 32     
In offnem streit sich ein da lassen :
Verse: 33        
Ja kein schand werden die Sön schätzen
Verse: 34        
Sich dem Vatter zuwidersetzen.
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Verse: 35     
Auch werden die von Hohem Stammen
Verse: 36     
Erfahren, daß sich thun zusammen
Verse: 37        
Wider sie jre Vnderthanen
Verse: 38        
Vnd gegen sie sich starck auffmanen.
Verse: 39     
Alsdan wird sein inn solcher Wütung
Verse: 40     
Kein vnterscheid der Ehrerbietung.
Verse: 41        
Dan ein jeder wird alsdan sagen,
Verse: 42        
Jeder soll vmb das sein sich wagen,
Verse: 43     
Man machets hie keim anderst nit,
Verse: 44     
Was der ein stoßt, der ander tritt,
Verse: 45        
Man hebt es auff nach dem es fallt.
Verse: 46        
Vnd wer dann nicht mehr solcher gstalt
Verse: 47     
Bestehn mag, der mag dan außstehn,
Verse: 48     
Vnd darnach wider herbei gehn,
Verse: 49        
Vnd sich versuchen auff all Weg
Verse: 50        
Daß er die schand einbringen mög.
Verse: 51     
Hierüber wird sich dan begeben
Verse: 52     
Ein solches auff vnd ab da schweben,
Verse: 53        
Ein solches hin vnd wider lauffen,
Verse: 54        
Ein solches keuchen, schwitzen, schnauffen,
Verse: 55     
Daß dergleichen Auffrhur, Erregung,
Verse: 56     
Vnd widerspänstig Widerlegung
Verse: 57        
Kein History nie hat gemeldt
Verse: 58        
So wunderlich wird sein die Welt.
Verse: 59     
Bald wird man auch erfahren dan
Verse: 60     
Daß mancher feiner küner Man
Verse: 61        
Durch sein jung Gmüt vnd hitzig Gblüt
Verse: 62        
Verreitzt, darin also verwüt
Verse: 63     
Daß er sehr kurtz darvon wird sterben
Verse: 64     
Wan er noch ist im Mitteln werben.
Verse: 65        
Auch wird keiner von disem Werck
Verse: 66        
Daran er einmal setzt sein stärck
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Verse: 67     
Ablassen, er hab dan zuvor
Verse: 68     
Getriben ein selsam Rumor,
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Verse: 69        
Vnd lang gewüt vnd lang gewült,
Verse: 70        
Alles mit Neid vnd Streit erfüllt,
Verse: 71     
Den Himmel auch mit Gschrei zun Nöten,
Verse: 72     
Die Erd mit Tritten vndertretten.
Verse: 73        
Alsdan werden zur selben zeit
Verse: 74        
Gleich so vil gelten Trewloß Leut
Verse: 75     
Als die so warhafft vnd getrew,
Verse: 76     
Jr beider Glaub wird da stehn frey.
Verse: 77        
Dann sie all werden sich befleissen
Verse: 78        
Gantz gefällig sich zuerweisen
Verse: 79     
Dem vnverständigen grossen Hauffen,
Verse: 80     
Auch jren Glaub auff jhn nur schrauffen.
Verse: 81        
Also daß vnder jnen auch
Verse: 82        
Der vngschickst wird zum Richter braucht
Verse: 83     
O der schädlichen Schwämm vnd flut,
Verse: 84     
O der Mühlichen Sündflutrut.
Verse: 85        
Ja wol wird sie ein Flut genent :
Verse: 86        
Dann dise Müh nimpt ehe kein end,
Verse: 87     
Noch die Erd wird jr nit ehe gledigt,
Verse: 88     
Biß daß sie mit gewalt außnötigt
Verse: 89        
Vil Wassers, welchs plötzlich mit hauffen
Verse: 90        
Hin vnd wider herab thut lauffen,
Verse: 91     
Darmit diselben, so am meisten
Verse: 92     
Im streit groß müh vnd arbeit leisten
Verse: 93        
Werden durchfeuchtet vnd genetzt,
Verse: 94        
Vnd billich darmit so verletzt
Verse: 95     
Weil jr Gemüt zu disem streit
Verse: 96     
So gar durchbittert ist mit Neid
Verse: 97        
Daß es keinem kurtzumb vergibet
Verse: 98        
Vnd kein Barmhertzigkeit nicht übet.
Verse: 99     
Auch nit gen der Vnschuldigen schar
Verse: 100     
Des Haußviechs, welchs vns ist dinstbar :
Verse: 101        
Also daß sie on alls erbarmen
Verse: 102        
Von jrn Adern vnd wüsten Därmen
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Verse: 103     
Zwar kein Opffer den Göttern pringen,
Verse: 104     
Sonder ein schnöden prauch erzwingen,
Verse: 105        
Zu täglichem dienst der sterblichen
Verse: 106        
Vnd der täglich zerscherblichen.
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Verse: 107     
Nun laß ich selber euch ersinnen
Verse: 108     
Wie dise ding all zugehn künnen,
Verse: 109        
Vnd was des Runden Gbewes Leib,
Verse: 110        
Die Himmelsrund gewelbte scheib
Verse: 111     
Bei solchem vnrhüwigem keib
Verse: 112     
Für Rhu könn han, vnd was sie treib.
Verse: 113        
Doch sag ich, daß die allerbesten
Verse: 114        
So sie bhalten am aller mehsten
Verse: 115     
Am meysten4 dahin werden walten
Verse: 116     
Sie vnverderblich zuerhalten :
Verse: 117        
Doch also, daß sie sehr mit fleiß
Verse: 118        
Auff ein sonder Manier vnd weiß
Verse: 119     
Sich werden ängstlich fast bemühen
Verse: 120     
Gefenglichen sie einzuziehen,
Verse: 121        
Vnd inn ein dienstbarkeit zubringen :
Verse: 122        
Also das die, die man thut tringen,
Verse: 123     
Vnd ängstigen vnd niderlegen,
Verse: 124     
Vnd jagen hin vnd her mit schlägen,
Verse: 125        
Nicht haben wird, zu dem sie flieh,
Verse: 126        
Als dem, der sie gemacht hat hie.
Verse: 127     
Ja wans zum ärgsten mit jr staht
Verse: 128     
Wird die Sonn, als wans nidergaht,
Verse: 129        
Ein Finsternuß lan vber sie,
Verse: 130        
Die dunckler dan kein Nacht ward nie,
Verse: 131     
Oder als kein 'Eclypsis' nit,
Verse: 132     
Vnd alsdan wird sie gleich darmit
Verse: 133        
Jr Freyheit sampt dem Schein von Himmel
Verse: 134        
Verlieren in eim tieffen Schimmel,
Verse: 135     
Oder zum wenigsten verlosen
Verse: 136     
Bleiben inn der Einöd verstosen :
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Verse: 137     
Aber zuvor vnd ehe sie bstand
Verse: 138     
Der Vndergang, der schad, die schand,
Verse: 139        
Wird sie ein lange zeit erzeigen
Verse: 140        
Ein hefftig groß Erbidmen, neigen,
Verse: 141     
Ja so gewaltsam sich bewegen
Verse: 142     
Als der Berg Aetna sich thet regen
Verse: 143        
Da er geworffen ward von hinnen
Verse: 144        
Auff einen der Titanen Sönen5,
Verse: 145     
Oder als wan Typho der Rieß
Verse: 146     
Die Affen Insul ins Mör stieß :
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Verse: 147        
Also wird sie inn kurtzen stunden
Verse: 148        
Bald inn leidigem stand befunden :
Verse: 149     
Auch so veränderlich, das die
Verse: 150     
Welche nun han erhalten sie,
Verse: 151        
Doch sie denselben werden lassen
Verse: 152        
Die nach der hand sich drumb anmassen.
Verse: 153     
Folgends geht an die rhüwig zeit
Verse: 154     
Welche stillt den langwirigen streit :
Verse: 155        
Dan die gedachten grossen Wasser
Verse: 156        
Welche sie machen je meh nasser
Verse: 157     
Thun sie dermassen sehr bemühen
Verse: 158     
Daß sie müssen einmal abziehen.
Verse: 159        
Vnd gleichwol, ehe man also weicht
Verse: 160        
Sicht man, daß in den Lüfften leucht
Verse: 161     
Ein scharffe hitz, welche ereugt
Verse: 162     
Ein grosse Flamm, die drumb auffsteigt,
Verse: 163        
Damit der Wasserflut sie wehr,
Verse: 164        
Vnd diß wesen einmal auffhör.
Verse: 165     
Nach allem, wann diß nun vollführt,
Verse: 166     
Weiters zuthun sich nicht gebürt
Verse: 167        
Als daß die Ausserwehlten dann
Verse: 168        
Mit alln Güttern vnd Himmlisch Mann
Verse: 169     
Werden erlabet auff die Schlacht,
Verse: 170     
Vnd zum vberfluß Reich gemacht
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Verse: 171        
Mit wolgebürlicher Verehrung
Verse: 172        
Vmb jre wol erzeigt bewärung,
Verse: 173     
Auch etlich zu letz außgezogen,
Verse: 174     
Vnd diß wird billich so gepflogen
Verse: 175        
Damit so dise müh vnd fleiß
Verse: 176        
Sich endet auff ein solche weiß
Verse: 177     
Ein jeder hett zu seinem heil
Verse: 178     
Sein vorbestimpt vorsehen theil :
Verse: 179        
Inn massen solchs bewilligt ward.
Verse: 180        
O wie wird der zu jeder fart
Verse: 181        
Geehrt, so biß ans End verharrt.


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