TITUS
Alexanderroman (Johann Hartlieb)
Part No. 9
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Chapter: 7  
Paragraph: 8  
Nectanabus gibt sich als Wahrsager aus

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Wie sich Nectanabus aus gab fur ainen waur sager vnd Olympiades fraugt nauch irem
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herren kunig Phylippo. In dem VIII


Line: 215     Sy wißenn auch aller mennschen gehaym vnd sindt rechtt maister in allem
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warsagen, daz sy sagen, wie es ainem menschen ergeen schol von dem ersten
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tag seiner gepuerdt piss zu ennde seines lebens. Nun sagtt mier, lieber maister
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vnd suezzer, wist ir auch von den dingen zesagen?' Nectanabus sprach: 'Ja
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kunigin, ich hab die sach alle mitt subttylem synne durchgrundett, also daz ich
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in egiptten lannde gehaltten pin fuer ainen prophetten vnd fuer ainen grozzenn
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warsager'. Als er disew wortt mitt ir redt, da sach er sy mitt gar lustigen
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plicken frewnttleichen vnd begierleichen an. Die kunigin hett daz gemerckt
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vnd sprach zu Nectanabo: 'O kchunstreicher phrophett, was hast du gedachtt,
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daz du mich so gar stattigcleichenn angesechen hast?' Nectanabus sprach: 'O
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frewdenreichew kunigin, ich hab gedachtt gar an ain hubschee, subttile weyssagung,
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die mier die gotter geoffenwartt haben, daz ich in kuercz sechen soll
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die allerschonisten kunigin, die auf erden lebtt. Nun verstee ich, daz du die
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seyst, die so gar an allen tadel gepildett pist'. Da zoch er von seinem puesem ain
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wunder schone taffeln, die kain rede außgelegen mag, so gross hubsch subttyligkaitt
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hett die tafeln. Die tafeln was gemischtt mitt aingehueren vnd helffenpain,
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mitt holcz aychem, daz kain fewr verprennen mag, mitt goldt vnd edelm
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gestain, auch darynne gemengt alle mettal. Darynnee waren vil czierckel. Der
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erst czierckel hieltte ynne diee geyst, die daz gancz virmamentt bewegentt. Der
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ander czierckel hieltt ynne die zwolff czaichen. Der mittel czierckel hieltt ynne
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die sunne vnd den man. Nach dem czoch er auss seinem puesem ain helffepaynnene
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puchßenn, darynne waren syben der aller schonisten sternn, so
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sy yee man gesach. Darinne sach er alle stundt, weyl vnd czeitt. Sy warenn
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geschnytten von eyttelm, scheynnbarem, edelm gestain. Der erst was ain
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jachanntt, darynne was ergraben mitt hochenn kchunsten daz czaychen
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Saturni. Der ander was ain smaragd, darinne was geschnytten gar mitt subttiler
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maisterschafft daz czaichen Jupiters. Der dritt was ain rubin, darynne was
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erhaben mitt haydenyschen listen der planett Mars. Der vierdt sterne was
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gemachtt aus ainem liechtten kcharfunckel vnd darinne was geschmelczett mitt
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kchunstreicher maisterschafft daz czaychenn der sunnen. Der funfft stern was
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ain saphyer, darynne was gemachtt mitt schonner kunst die figur vnd czaychenn
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des Venus. Der sechst sternn was ain dyemantt, darinne was mitt hochenn
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listen erhabenn daz czaychen vnd figur Mercury. Der sybenntt sternne was
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ain scheinper paryll, darynne was geformierett mitt maysters synnen die figur
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vnd gestaltt des mannes. In den selbenn sybenn sternen kchundt der weys man
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Nectanabus erfragen alles, daz er woltt, von wesen, leben vnd gestaltt alles
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menschleichs geschlachttes. Da die kunigin Olimpiades disew ding ersach, do
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sprach sy zu Nectanabo: 'Kchunstreicher, mochttiger, hocher maister, sag
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mier, auf welches iar, monedt vnnd tag auch stundtt der kunig Phylippus sey
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geboren. Vnd thuest du daz, so ist dein kchunst vber alle mayster erhebtt vnd
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scheinendt in rechtter warhaitt'. Nectanabus huebe an zu raytten vnd sagtt ir
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alle sach darumb gar aygennttleich, daz die kunigin vast darab wundern wardt
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vnnd sprach: 'Maister, ich gelawb, daz dier alle ding sindt wol kchundt'. Der
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maister sprach: 'Fraw, durch deiner tugendt willen ist mein kchunst dier
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beraytt. Sag an, was wildt du?' Die fraw sprach: 'Sag mier, hocher maister,
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was geschiechtt zwischenn dem kunig Phylippo vnd mier, wann man hatt
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mier gesagtt, wann er wyder kome vonn dem streytte, so werdt er mich
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vrlawben vnd verwerffen vnd ain andre kunigin zu gemachel nemen'. Der
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prophett Nectanabus zoch auss sein tafeln vnd begundt die sach nach dem
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subtilisten ergrundten vnd rechnett nach seinen syttenn der syben sternne lawff
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vnd hueb auf mitt suezzen wortten der kunigin zu antwuertten vnd sprach:
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'Kunigin, der dier soleichs gesagtt hatt, der ist der rechtten kchunst nichtt
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weys, wann seinew woͮrtt sindt nichtt war auf die czeitt. Aber nach ettleicher
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zeitte so geschiechtt daz, als dier gesagtt ist'. Die fraw sprach zu Nectanabo:
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'Lieber prophett, ich flech vnd pitt dich, daz du mier in den dingen die rechtten,
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lawttern, ganczen warhaitt sagest, wann was du mier sagest, daz gelaub
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ich sunder allenn zweyffel, wann ich erkenne, daz dein kchunst war vnd auch
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gar gerechtt ist etc.'



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