TITUS
Konrad von Megenburg, Buch der Natur: Part No. 102

Chapter / Strophe: 15 
   15.
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   VON DEN WINDEN



Line: 16    Die winde koment auch von irdischem rauch. dar
Line: 17    umb schüll wir nu von den winden sagen. der wint ist
Line: 18    ain erdischer dunst gesament in dem luft, der sich wegt
Line: 19    mit überwärtiger wegung von ainem end des luftes gegen
Line: 20    dem andern. dar umb sint all wind an in selber trucken   20
Line: 21    und warm von nâtûr: trucken von der irdischen nâtûr,
Line: 22    dannen der dunst aufgêt oder der rauch; warm von der
Line: 23    sunnen hitz, diu den rauch macht auz dem ertreich. ie\doch
Line: 24    verändernt die wind ir nâtûr in den steten, dâ si
Line: 25    durch fliegent, alsô daz ainer fäuht ist, der ander trucken,   25
Line: 26    ainr warm, der ander kalt. Der wind sint vier, die für\sten
Line: 27    sint aller anderr wind. der êrst haizt der sudenwint
Line: 28    oder der sudener, dar umb, daz er von sudem fleugt, daz
Line: 29    ist von mittem tag her gegen norden oder gegen den
Line: 30    himelwagen. der wint haizt ze latein auster und ist fäuht   30
Line: 31    und warm, dar umb ist er fruhtpær und den frühten
Line: 32    nütz. der ander haizet der nordenwint oder der nordener,
Line: 33    dar umb, daz er von norden fleugt, daz ist von dem himel\wagen
Line: 34    auz der Sahsen lant her von Pomerâni. der wint

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Line: 1    ist kalt und fäuht, denne als vil ob er sich verkêrt mit
Line: 2    gar verr fliegen. der wint haizt ze latein aquilo. der
Line: 3    dritt wint haizt der ôsterwint oder der ôstener, dar umb,
Line: 4    daz er von ôsten fleugt, daz ist von der sunnen aufganch,
Line: 5    durch Ungern von Preuzen her. der wint ist warm in   5
Line: 6    seinem ursprinch, wann diu sunn ist warm in irm auf\gang.
Line: 7    der vierd wint haizt der westenwint oder der
Line: 8    westener, dar umb, daz er von westen fleugt, daz ist von
Line: 9    der sunnen underganch. der wind iegleicher hât zwên
Line: 10    gesellen oder zwên volger: ainen ze der rehten seiten   10
Line: 11    und den andern ze der tenken. die mag man haizen
Line: 12    nâch der vodern wind namen, alsô daz des sudenwindes
Line: 13    gesellen haizent der reht sudnær und der tenk sudnær.
Line: 14    alsô haiz auch die andern nâch iegleichs namen. alsô
Line: 15    hab wir über al vierstunt drei wind, daz sint zwelif. ez   15
Line: 16    geschiht oft, daz die widerwärtigen wind begegent ain\ander,
Line: 17    als der sudner dem nordner oder der ôstner dem
Line: 18    westner. welher denne sterker ist, der wirft den andern
Line: 19    zuo der erden oder in ain wazzer alsô vesticleich ze stun\den,
Line: 20    daz er scheff under kêrt. ist aber, daz si gleich starch   20
Line: 21    sint, sô ringent si mit ainander sô vast, daz si paid zuo
Line: 22    der erden vallent und varnt in ainer snellen werbeln
Line: 23    weise und zuckent oft mit in auf ainen grôzen stain oder
Line: 24    ainen menschen oder ain ander swærez dinch und füerent
Line: 25    daz mit in auf in die lüft. wenne aber si alsô vallent   25
Line: 26    in daz mer, sô werfent si daz merwazzer auf und giezent
Line: 27    ez an daz lant und verderbent läut und guot. der winde
Line: 28    flug wirt gesetzt, alsô daz si niht fliegent, von zwairlai
Line: 29    sachen ze vorderst. diu êrst ist, daz der sunne und der
Line: 30    stern kraft den irdischen dunst mit übriger hitz zesträ\wet   30
Line: 31    auz ainander, alsô daz er sich niht gesamnen mag
Line: 32    zuo ainem gar merkleichen stôz oder flug; fleugt aber er,
Line: 33    daz ist ain klain. diu ander sach ist, daz den dunst der
Line: 34    regen mit im her ab zeuht auf die erden. ê er sich dan
Line: 35    wider auf swingt in die lüft und daz wazzer in lâz, daz   35
Line: 36    er wider leiht wirt, sô sint die lüft indes still und prüeft

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Line: 1    man wênig wind. dar umb ist der luft oft still nâch
Line: 2    dem regen, wenne vor dem selben regen wind gewæt
Line: 3    habent.






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