TITUS
Konrad von Megenburg, Buch der Natur: Part No. 103

Chapter / Strophe: 16 
   16.
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   VON DEM REGEN



Line: 6    Der regen kümpt von wäzzrigem dunst, den der
Line: 7    sunnen hitz auf hât gezogen in daz mitel reich des luftes,
Line: 8    wann von der kelten, diu dâ ist, entsleuzt sich der
Line: 9    dunst wider in wazzer, als wir sehen an dem dunst, der
Line: 10    von dem wallenden hafen gêt ob dem feur: wenn der   10
Line: 11    dunst die kalten eisneinne hafendecken rüert, sô entsleuzt
Line: 12    er sich in wazzers tropfen. alsô geschiht auch dem dunst,
Line: 13    der dâ kümt von rôsen prennen oder von wein prennen:
Line: 14    wenne der den kalten pleienne huot rüert, sô entsleuzt
Line: 15    er sich auch in wazzer, und smeckt daz selbig wazzer   15
Line: 16    von dem ding, dâ von der dunst kümt. dar umb wizz,
Line: 17    wenn sich der dunst gesament in den luft, sô gestêt er
Line: 18    zesamen und wirt dicke, des êrsten von der kelten,
Line: 19    und scheint uns dann als ain hauf weizer wollen oder
Line: 20    swarzer. daz haiz wir wolken. wan sô vil erdisches   20
Line: 21    rauches ist gemischt zuo dem wäzzerigen dunst oder sô
Line: 22    der wäzzerig dunst gar dicke zesamen stêt, sô scheint daz
Line: 23    wolken swarz; wenne aber der dunst clâr ist, sô scheint
Line: 24    ez weiz; ist aber der erdisch rauch dünner etswie vil, sô
Line: 25    scheint daz wolken rôt, und alsô ändert ez sich an der   25
Line: 26    varb, reht als der dunst sich ändert an im selber. sô nu
Line: 27    diu kelten vast arbaitt in daz wolken, sô entsleuzt ez sich
Line: 28    in wazzer, und dâ von seind diu kelten sänfticleichen
Line: 29    anrüert diu wolken, sô macht si klaineu tröpflein auz gar
Line: 30    klainen stükleinn des dunstes, und vellet daz wazzer dar   30
Line: 31    umb her ab in tropfen weise. ist aber diu kelten gar
Line: 32    grôz, sô verkêrt si grôzeu stükel des dunstes ze mâl mit
Line: 33    ainander, sô vallent gar grôz tropfen. dar umb seh wir
Line: 34    sumerzeiten ze stunden gar grôz tropfen vallen. daz

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Line: 1    ist dar umb, daz diu grôz hitz die kelten hât vertriben
Line: 2    an ain stat der wolken, und ist diu kelten denn gar starch
Line: 3    an ir selber, dar umb daz si veraint ist, und wil der hitz
Line: 4    widerstên, sô entsleuzt si dann die wäzrigen dünst in grôz
Line: 5    tropfen. von den sachen geschiht auch oft, daz ain grôz   5
Line: 6    wazzer ze mâl mit ainander her ab vellet, alsô daz ez
Line: 7    ain haus oder ain ganz dorf hin füert. ez geschiht auch
Line: 8    ze stunden, daz rôtez wazzer regent sam pluotstropfen.
Line: 9    daz ist dâ von, daz vil verprunnens erdisches rauchs ge\mischet
Line: 10    ist zuo dem wäzrigen dunst: dâ von verbt sich   10
Line: 11    daz regenwazzer rôt. alsô vindet man auch oft, daz sich
Line: 12    daz wazzer verbt in der erden und gar rôt her für vleuzt;
Line: 13    sô wænent die ainvältigen läut, daz ain hailtum dâ sei.
Line: 14    alsô pauten Kelhaimer ain hülzen cappeln über ainen
Line: 15    rôten wazzerfluz an der Tuonaw oberhalb Regenspurch.   15
Line: 16    ez geschiht auch oft, daz ez klaineu fröschel regent oder
Line: 17    klaineu vischel. daz ist dâ von, daz der wäzzrig dunst alsô
Line: 18    an im selb geschickt ist, wenn er sich in wazzer entsleuzt,
Line: 19    sam diu wäzzrig pruot, dar auz die fröschleu werdent oder
Line: 20    die vischel, und der stern kraft würkt diu tierl auz der   20
Line: 21    geschickten materi und geuzt ain leben dar ein. ich rât
Line: 22    aber niht, daz dû der vischel ezzest, wann si sint von
Line: 23    rôher materi und sint vergiftig. dar umb geschiht auch
Line: 24    oft, daz ain stain oder ain eisen her nider vellt; daz
Line: 25    wirt auch paidez auz dem erdischem rauch und auz dem   25
Line: 26    wäzrigen dunst alsô zesamen gemischt, als ez der nâtûr
Line: 27    der dinger eben kümt. und alsô viel ain eisen oben
Line: 28    her ab hie vor, daz was sô hert, daz ain küng ain swert
Line: 29    dar auz wolt haben gemacht. dô wolt daz eisen von feur
Line: 30    nie derwaichen, dar umb, daz ez niht reht nâch eisens   30
Line: 31    nâtûr gemischt was auz den vier elementen. regenwazzer,
Line: 32    gesament in den zistern, sô ez gestêt, sô vellet diu erd
Line: 33    ze podem, diu dar zuo gemischt was von irdischem rauch,
Line: 34    sô wirt ez denn gar lauter und süez und ist guot zuo der
Line: 35    ruor, daz diu verstê, und zuo dem rôten fluz. die visch   35
Line: 36    werdent vaizt von regenwazzer und dar umb swimment si

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Line: 1    ob gegen dem regen und fräwent sich des. dû solt auch
Line: 2    wizzen, daz des luftes reich, dâ daz wolken stêt und der
Line: 3    regen wirt und der wint wæt und dâ allez weter geschiht,
Line: 4    niderr ist dann die hœhsten perg, die auf erden sint,
Line: 5    wan man vindet perg sô hôch, dâ nie kain regen auf   5
Line: 6    kom noch kain wint noch taw noch kain ander werch
Line: 7    des weters. daz habent die alten maister an etleichen
Line: 8    hôhen pergen versuocht, alsô daz si nâmen ainen pad\swamp
Line: 9    und fäuhten den mit wazzer und hielten in für
Line: 10    den munt, wenn si sô hôch kômen an den pergen, daz si   10
Line: 11    niht mêr fäuhtes luftes heten, der in daz herz erkuolte,
Line: 12    und schriben mit den vingern an die erden auf den per\gen.
Line: 13    wenn si dann über ain jâr hin wider kômen, sô
Line: 14    funden si die geschrift ganz sam an dem êrsten tag. daz
Line: 15    möht niht gesein, wær regen oder wint dar auf gewesen.   15






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