TITUS
Konrad von Megenburg, Buch der Natur: Part No. 122
Chapter / Strophe: 1
1.
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VON DEM ESEL.
Line: 28Asinus ze latein haizt ze däutsch ain esel. daz tier
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waiz niht krieges, wan ez gar fridsam ist: under herten
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straichen ist ez sänftig und güetig. ez tregt gar swær 30
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pürd auf im. daz sint diu lob, diu der esel hât. aber
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seineu laster sint, daz er unkäusch ist. er ist hinden
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sterker dan vorn, er hât ainen trægen ganch und ist un\vernünftig:
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er weicht niemant, der im begegent. die
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jungen esel sint in der jugent etswie vil schœn und lustig 35
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anzesehen, und sô si ie elter werdent, sô si ie unlustiger
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werdent anzesehen. Plinius spricht, daz der eselinne milch
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gar weiz sei und daz si auch helf der menschen weizen,
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und dâ von list man, daz des kaisers Nerônis hausfraw
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sich padet in esels milch. esels flaisch macht gar pœs 5
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pluot dem der ez izzet und lâzt sich niht wol kochen in
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dem magen; iedoch ist ez pezzer wann der pferd flaisch.
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esels milch alsô warm sterkt die zend und sänftigt irn
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smerzen und aller maist wenne man si dâ mit reibt. si
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benimt auch daz sêr säufzigen dem herzen. der esel ist 10
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von nâtûr gar kalt. ez spricht auch Aristotiles, daz die
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esel die kelten mêr fürhten dan andreu tier, dar umb
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unkäuschent si niht in den ebennähtigen zeiten sam diu
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pfert, aber si unkäuschent in dem sumer, dar umb, daz
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ir gepurt sei in warmer zeit. die eslinne tragent iriu kint 15
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in dem leib ain ganzez jâr. Plinius spricht, daz der esel
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pain weizer sei dann andreu pain. diu eslinne gepirt
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selten zwai kint, und wenne si gepern schol, sô fleuht si
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daz lieht und suocht die vinster, daz si von dem menschen
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iht gesehen werd. dar umb spricht diu geschrift: dein 20
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denkiu hant schol niht wizzen, waz dein gerehteu hant
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würkt. diu eslinne gepirt als lang si lebt, daz ist unz
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zuo dreizig jârn; also scholt der mensch fruhtpær sein
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mit guoten werken unz an sein end. dar umb spricht
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diu geschrift: wer volharret unz an sein end, der wirt be\halten. 25
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etleich esel trinkent niht danne gewönleich prun\nen
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und gar guot wazzer. dar umb spricht diu geschrift in
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dem andern puoch des weissagen Jeremie: waz nu mensch,
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waz kraft hâst dû in dem wege Egipti, daz dû trüebez
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wazzer trinkest? (daz ist werltleiche kunst, diu trüeb ist 30
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und vinster) und waz ist dir an dem weg der läut, die
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Assyrii haizent, daz dû vliezend wazzer trinkest? (daz ist
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diu lebendik götleich kunst). sô der esel über ain pruk
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schol gên, siht er dann in daz wazzer durch die pruk, er
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gêt niht leiht hin über. ich sprich auch, daz der esel 35
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vorn, dâ er krank ist, ain kräuz tregt auf dem ruck und
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hinten, dâ er die niern tregt, dâ ist er starch. alsô tuo
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wir üppigen pfaffen: dâ wir daz kräuz solten tragen mit
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vasten und mit beten und mit allem götleichen dienst,
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dâ sei wir laider kranch; aber dâ wir unkäusch und alle
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unfuor tragen, dâ sei wir starch. 5
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