TITUS
Konrad von Megenburg, Buch der Natur: Part No. 247

Chapter / Strophe: 57 
   57.
Line: 26
   
Line: 27
   VON DEM PFAWEN.



Line: 28    Pavo haizt ain pfâw. daz ist gar ain schœner vogel
Line: 29    und ist ain freunt aller schônhait und rainikait, sam Ari\stotiles
Line: 30    spricht. der vogel hât ainen langen geäugelten   30
Line: 31    zagel und hât ain saphirisch herz an der varb, wan er
Line: 32    hât ain plâw varb an der prust und ist an dem hals gar
Line: 33    liehtvar, reht als ain saphir ist von Orient. der vogel

Page: 213
Line: 1    hât die art, daz er mit seim geschrai vertreibt alleu ver\giftigeu
Line: 2    tier, wan diu getürrent niht beleiben an den
Line: 3    steten, dâ si sein stimm hœrent. er hât ain graussam
Line: 4    stimm und ain ainfaltigen diepleichen ganch. Augustînus
Line: 5    spricht, daz des tôten pfâwen flaisch ain ganzez jâr frisch   5
Line: 6    beleib und niht vaul, als er spricht in dem puoch von
Line: 7    der stat gotes. er spricht auch, daz des pfâwen flaisch
Line: 8    nümmer vaul werd. Jacobus spricht, wenne man den
Line: 9    pfâwen schawt und in lobt, sô streckt er seinen zagel auf
Line: 10    in ains halben kraizes weis und zaigt seins zagels schœne   10
Line: 11    allermaist gegen der sunnen, wan dâ sint sein varb aller
Line: 12    liehtest und aller klârst. wenn der pfâw seinen zagel
Line: 13    gestreckt hât gegen der sunnen und sein ungestalt füez
Line: 14    ansiht, sô senket er den zagel wider auf die erden. alsô
Line: 15    spricht daz puoch von der aigenchait der ding. der pfâwe   15
Line: 16    verleuset seinen zagel alle jâr und mauzet sich, und in
Line: 17    der zeit sitzet er under ainen paum oder in ainen schaten
Line: 18    gar schämiger an im selber, unz im die selben federn wi\der
Line: 19    gewahsent. iedoch die haimischen laufent an daz lieht,
Line: 20    wie stumpf si sint. Plinius spricht, wenn der pfâw die   20
Line: 21    wol geverbten federn rêrt, sô traurt er und wirt dann
Line: 22    perhaft. wenn der pfâw in der vinster wachet und sich
Line: 23    selber niht gesehen mag, sô erschrikt er und schreit laut,
Line: 24    wan er wænet, er hab sein schœne verlorn. der pfâwe
Line: 25    zerpricht der pfæwinne air von dem lust, den er zuo ir   25
Line: 26    hât. dar umb gepirt si ir air an ainer haimleichen stat.
Line: 27    wenn der pfâw hôch auf steigt, daz ist ain zaichen des
Line: 28    künftigen regens. Aristotiles spricht, daz der pfâw sô
Line: 29    häzzig sei, daz er sein aigeneu kint niht ansehen well
Line: 30    unz daz si krônen auf dem haupt habent und im geleich   30
Line: 31    werdent.
Line: 32    Pei dem pfâwen verstêt man ainen iegleichen hailigen
Line: 33    prelâten, der ist gar schœn und rain an aller gaistleicher
Line: 34    wirdichait und an hailigen werken. der hât ainen langen
Line: 35    geäugelten zagel, daz ist, er hât vil weiser undertân, sam   35
Line: 36    ain pischolf hât pröbst, dechant und ander klain prelâten

Page: 214
Line: 1    under im, die sint sein augen ze sehen und ze pezzern
Line: 2    allez daz, dâ er selber niht hin geraicht. und des zuo
Line: 3    ainem urkünd und zuo ainem ebenpild tregt man in ir
Line: 4    lang vell nâch in wälhischen landen. die pfâwen habent
Line: 5    saphirisch prüst und häls, daz ist stæter gelaub und stæ\teu   5
Line: 6    werk, wan pei plâwer varb verstê wir gemaincleich
Line: 7    stætikait, wan ez ist ain reht himelvarb. der pischof
Line: 8    schol alleu vergiftigeu tier in seinem pistuom, daz sint
Line: 9    ketzer, wuochrær und alle übeltætige laien und pfaffen,
Line: 10    vertreiben mit seinem geschrai, daz ist mit gaistleichen   10
Line: 11    strâfen und auch mit werltleichem swert, ob sein nôt ge\schiht.
Line: 12    er schol auch siticleichen gên und sleichen sam
Line: 13    ain diep, daz ist, er schol mæzicleichen und mit weisem
Line: 14    vorbetrahten ervorschen übel und guot und dar nâch
Line: 15    rihten. des pfâwen flaisch gefault nümmer, wan als diu   15
Line: 16    geschrift spricht, wer gelêrt ist und die läut lêrt zuo der
Line: 17    gerehtikait, der scheint an dem jungsten tag sam der
Line: 18    schein des liehten himels und sam der lieht sunnen schein
Line: 19    in der êwigen êwichait. wenn man daz haupt der gereh\tikait
Line: 20    ansiht in seinen rehten lautern werken, alsô daz   20
Line: 21    im sein undertân volgent, sô strecket er seinen zagel (daz
Line: 22    sint seineu guoteu werk) und loket sein undertânen üm\mer
Line: 23    in daz êwig leben. aber wenn der pfâw, daz ist der
Line: 24    pischolf, sein aigen füez ansiht (daz sint sein pœs rât\geben),
Line: 25    sô senket er sein schœnen zagel auf die erden,   25
Line: 26    daz ist, er vermæht sein guot pfaffen, die in zuo allen
Line: 27    guoten dingen laitent. der pfâw mauzet sich all jâr alsô,
Line: 28    daz er sein federn seiner hailigen lêr all jâr sträut un\der
Line: 29    sein pfaffen und strâfet si. und wenn er sein lêr
Line: 30    siht in der vinster, daz si niht fruhtpær scheint, sô schreit   30
Line: 31    er mit seinen gaistleichen strâfen. wenn der pfâw (daz
Line: 32    ist der pischof) hôch auf klimmet, daz ist, wenn er sein
Line: 33    strâfen beswært, daz ist ain zaichen künftiges regens, daz
Line: 34    ist künftiger strâf von got. wan Christus gab sant Peter
Line: 35    den gewalt: ʽwaz dû pindest auf ertreich, daz ist gepunden   35
Line: 36    in dem himel, und waz dû ledigst auf ertreich, daz ist

Page: 215
Line: 1    geledigt in dem himel.ʼ der pfâw (daz ist der pischof)
Line: 2    hât seineu kint niht liep, unz daz si im geleich sint wor\den
Line: 3    mit gehôrsam und mit allen guoten dingen. ich
Line: 4    fürht aber laider, daz auz den pfâwen oft raben werden.
Line: 5    daz müez got erparmen!   5






Copyright TITUS Project Frankfurt a/M 1999-2000. No parts of this document may be republished in any form without prior permission by the copyright holder.