TITUS
Konrad von Megenburg, Buch der Natur: Part No. 321
Chapter / Strophe: 10
10.
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VON DEM TRACKEN.
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Draco ist der grœsten tier ainz, daz diu werlt hât,
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sam Jacobus und Augustînus sprechent. daz tier hât niht
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vergift. er ist gekrœnt auf dem haupt nâch der grœzen
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seins leibes, reht als er ainen grôzen kamp hab. er hât 20
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ainen engen munt und hât klain halsâdern. wenn er gêt,
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sô reckt er sein zungen für den munt. er greint und
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ginet mit dem maul, aber er schatt mit den zenden niht
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vil, iedoch ist sein piz gar schad, wie daz sei daz der
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piz klain sei, sam ain vorscher spricht. aber der gar 25
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grôz schad kümt niht von den zenden, er kümt dâ von,
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daz er vergiftez dinch izt. wen der track mit seim zagel
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pint, den tœtt er, wan vor dem mag der grôz helfant niht
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sicher gesein. in dem lenzen undäut der track und wüllet
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im. daz selb übel vertreibt er mit lattuken saff, sam 30
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Plinius spricht. er wont daz mêrer tail in holen pergen
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und allermaist dâ stainrütschen sint. daz tuot er umb
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die übrigen hitz seines leibes und seiner nâtûr und aller\maist
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suocht er die stet wenn er geflogen hât, und auch
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etswenn durch der grôzer hitz willen, diu von der sunnen
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kümt sumerzeiten, wan diu hitz ist gar grôz in den lan\den
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gegen der sunnen aufganch, dâ der track wont.
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sein stimm und sein geschrai erschrecket die läut. sein
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gesicht ist sô graussam den läuten, daz si ez niht erleiden 5
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mügent und daz si etswenn dâ von sterbent. wenn der
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track in sein alter kümt und zuo seinr pilleichen grœze,
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sô lebt er lang ân ezzen, sam Aristotiles spricht, und
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wâ er izt, dâ wirt er niht gar leiht sat. Augustînus
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spricht, daz der track gern won in den tiefen abgrünten 10
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der erd, und wenn er ains ungewiters enpfint, sô sleuft
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er etswenn her auz und fleugt gar hôch über die lüft und
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zetailt den luft mit seinen gar grôzen flügeln und treibt
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den luft von aim stuck in daz ander. sein flügel sint
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häutein, reht als ain grôzeu haut auf gespannen sei in der 15
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weis sam diu fledermaus flügel hât in irr mâze; aber des
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trachen flügel sint gar grôz nâch der grœz seins leibes.
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wâ er wont dâ verunraint er den luft mit seim âtem, der
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im auz dem hals gêt. er hât ain tôtpringendez anhûchen
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oder anplâsen auz seinem hals, dâ mit pringt er tœtleich 20
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siehtüem. ez ist auch ainrlai trachen, der hât niht füez und
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slingt neur auf der prust an der erden, und ainr ander lai
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trachen die hânt füez, aber die sint seltsein. Adelînus
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spricht, daz man auz seim hirn ainen stein sneid, der
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haizt draconica oder draconcides und haizt ze däutsch 25
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drachenstain, als her nâch kunt wirt, wenne wir von den
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edeln stainen sagen. aber der stain hât kain adel, man
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zieh in dann auz des lebendigen drachen hirn, wan man
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sleht si mit aim slag ungewarnt oder unfürsihticleich,
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wenn si sumerzeiten an der sunnen ruoent, und sleht si 30
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durch daz haupt und zeuht den stain her auz, wenn si
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dannoch krefticleich zabelnt. des trachen zung und sein
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gall gekocht in wein sint ain erznei den, die anvehtung
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habent von den pœsen gaisten, wenn man ir leib dâ mit
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salbet. des trachen flaisch ist glasvar und erküelt die 35
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ez ezzent, und dar umb ezzent ez die môrn in der gar
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grôzen hitz, die si habent in irm land, wan daz flaisch
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ist kalter nâtûr. der trach erhitzet gar vast in seim flug,
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und dar nâch begert er sich widerzepringen mit des
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helphandes pluot, wan daz selb pluot küelt gar vast.
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er fürht des donrs galm und daz himelplatzen mêr dann 5
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kain ander tier, und dar umb, wenn er den donr hœrt,
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sô fleucht er in diu hölr, und daz ist pilleich, wan der
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donr ist im scheder denn kaim andern tier, sam Plinius
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spricht. aber der donr schadet dem adlarn aller minst
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und schadet auch dem lorpâm niht. der trach wehset 10
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zwainzig daumeln lang oder mêr und wirt sô grôz, daz
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er seinen aufsitzer gar verr füert auf im selber, aber sô
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er müed wirt, sô senket er sich und die pürd in daz mer.
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wenn man in verjagen wil oder vorhtig machen, sô nimt
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man ain aufgeplâsen plâtern und sleht dar auf mit 15
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coralleinn gärtleinn; den dôn oder daz klâppern fürht
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er und entweicht und wirt gehôrsam.
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