TITUS
Heinrich von Meissen, Frauenlob
Part No. 10
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Text: 9 
IX. Würgendrüssel


Strophe: *1_[A] 
Verse: 1    Des himels erzenie
Verse: 2    
du bist, [ ] <die> wandels vrie,
Verse: 3    
din vrüchtic vreude senden siechen heilen kan,
Verse: 4    
ich meine dich, hochgelobte balsamie,
Verse: 5    
du gotes muter, tochter, brut,
Verse: 6    
   du apoteca rich,

Verse: 7    
Mit aromat gezieret,
Verse: 8    
din schöne ist übervieret,
Verse: 9    
swer dich mit inneclichem herzen rufet an,
Verse: 10    
wan dir der nardus durch den flor gesmieret,
Verse: 11    
du sunnen schin, du sternes glast
Verse: 12    
   schön, überliuchticlich.

Verse: 13    
Die kefse din beslozzen hete
Verse: 14    
   die ewigen gotheit,
Verse: 15    
zwen unde sibenzic namen hoch,
Verse: 16    
   die got und ouch sin wesen treit.
Verse: 17    
der dir selbdritte und doch alein
Verse: 18    
   zu dienste was bereit
Verse: 19    
und du sin undertenig maget,
Verse: 20    
   des vater erbe ist din,
Verse: 21    
daz erbe an uns, hilf, gotes trut,
Verse: 22    
   daz wir din erben sin.

Strophe: *2_[B] 
Verse: 1    
Rich übervlüzzic güte
Verse: 2    
bist du in voller vlüte,
Verse: 3    
die meret sich gar willeclich von tage zu tage.
Verse: 4    
nu sende uns, vrouwe, ein cristenlich gemüte
Verse: 5    
durch den, dem zu gebote stet,
Verse: 6    
   swaz kriuchet, & wechelt, wimet &,

Verse: 7    
Und bit vür uns den süzen,
Verse: 8    
daz wir im dienen müzen,
Verse: 9    
daz er uns bringe uz der verworren sünden hage.
Verse: 10    
ja kan er wol uns cristen kummer büzen.
Verse: 11    
er mac, er wil, er tar, er sol,
Verse: 12    
   er tut, lat, wiez im zimet.

Verse: 13    
Ja bistu so gewaldic sin,
Verse: 14    
   daz er uns wol bewart
Verse: 15    
vor houbetsünden und uns dort
Verse: 16    
   vor engestlichen nöten spart
Verse: 17    
und wiset uns an den rechten wec
Verse: 18    
   hin zu der himelvart.
Verse: 19    
den hilf uns, reine vrouwe, treten,
Verse: 20    
   e uns der sünden wint
Verse: 21    
den sne werfe in den rechten stic.
Verse: 22    
   so blibe wir gotes kint.

Strophe: *3_[C] 
Verse: 1    
Du vrone in eren vrüchte
Verse: 2    
und vrouwe über alle züchte,
Verse: 3    
hilf uns, daz wir naturen müzen widerstreben,
Verse: 4    
die uns kan binden in der sünden süchte,
Verse: 5    
daz wir icht vallen in daz we,
Verse: 6    
   das nimmerme zergat.

Verse: 7    
Maria, muter here,
Verse: 8    
nu sende uns dine lere,
Verse: 9    
daz wir beschouwen dort din ewiclichez leben.
Verse: 10    
ja hast du von uns hohen pris und ere,
Verse: 11    
& enweren wir, du werst worden nie &,
Verse: 12    
   din heil gar an uns stat.

Verse: 13    
Sit daz wir dich gehöhet han,
Verse: 14    
   so höhe, vrouwe, ouch uns,
Verse: 15    
und laz uns des engelden nicht,
Verse: 16    
   daz wir ligen in der sünden runs,
Verse: 17    
und hilf uns, muter, reine meit,
Verse: 18    
   die hulde dines suns
Verse: 19    
erwerben, e denn daz der tot
Verse: 20    
   den ort gebe manicvalt,
Verse: 21    
und bit vür uns den höchsten voget,
Verse: 22    
   sit du sin hast gewalt.

Strophe: 4_[a] 
Verse: 1    
Sibilla sprach e: richet
Verse: 2    
die wirde, <die> hin wichet,
Verse: 3    
ie eiter und ie erger wirt der werlte leben.
Verse: 4    
ir hohez lob von tage zu tage blichet.
Verse: 5    
die edeln sint entslafen hie
Verse: 6    
   und ouch an eren zagen.

Verse: 7    
Ir fürsten, ir sult wachen,
Verse: 8    
die liute frolich machen,
Verse: 9    
mit den ir sult uf erden hie nach eren streben.
Verse: 10    
ez komt iu heim an ritterlichen sachen:
Verse: 11    
die herren mit der ritterschaft
Verse: 12    
   vil selten pris bejagen.

Verse: 13    
Künig Artus mit ritterschaft
Verse: 14    
   vil hohen pris erwarb;
Verse: 15    
swie daz er doch erstorben si,
Verse: 16    
   sin reinez lob doch nie verdarb
Verse: 17    
künig Alexander, der ouch hie
Verse: 18    
   in hohen wirden starb.
Verse: 19    
die fürsten nemen snöden schaz
Verse: 20    
   für ritterliche tat,
Verse: 21    
der ritterschaft mit swachem saz
Verse: 22    
   so gar verdrungen hat.

Strophe: 5_[b] 
Verse: 1    
Ach, wie tun nu die jungen!
Verse: 2    
der schaz hat gar verdrungen
Verse: 3    
der werlte pris und ouch ir ritterlichez leben,
Verse: 4    
als uns gesaget han die wisen zungen.
Verse: 5    
ir fürsten, herren, dienestman,
Verse: 6    
   ir ritter, eren wert,

Verse: 7    
Ir sult iuch vor besinnen,
Verse: 8    
den rechten schaz sult minnen
Verse: 9    
und ouch da bi nach ritterlichen eren streben:
Verse: 10    
swer an <dem> mut wil ritterschaft gewinnen,
Verse: 11    
der ritterlichen orden treit
Verse: 12    
   alhie uf diser erd.

Verse: 13    
Hie vor sach man die wirde noch,
Verse: 14    
   dar ieslich [ ] gunde streben.
Verse: 15    
nu hat die werlt ir wirde hin
Verse: 16    
   & und ouch um & snöden schaz gegeben.
Verse: 17    
wafen, daz sust verdrungen hat
Verse: 18    
   schaz ritterlichez leben:
Verse: 19    
nach tode hast du kein zuversicht,
Verse: 20    
   niur einen kranken hort;
Verse: 21    
im volget ouch von hinnen nicht
Verse: 22    
   wan sin verdientez wort.

Strophe: 6_[c] 
Verse: 1    
Ir herren, ritter, knechte,
Verse: 2    
tut nach dem alten rechte
Verse: 3    
durch got und durch iurn werden ritterlichen pris,
Verse: 4    
alsam hie vor tet <ie> daz iur geslechte.
Verse: 5    
ob ir an mut welt nemen abe,
Verse: 6    
   so denket an reine wib:

Verse: 7    
Ir blic kan mut entzünden,
Verse: 8    
zu swem sie sich gefriunden,
Verse: 9    
dem blüet immer wunniglicher eren ris.
Verse: 10    
ir senfter gruz kan mannes herze durchgründen,
Verse: 11    
daz ir in ritterlicher tat
Verse: 12    
   traget einen stolzen lip.

Verse: 13    
Swen übet reiner frouwen gruz,
Verse: 14    
   des manheit git wol mut:
Verse: 15    
ez komt von reiner frouwen gunst,
Verse: 16    
   so da ein man menlichen tut;
Verse: 17    
ir minniglicher aneblic
Verse: 18    
   tut mannes herze frut.
Verse: 19    
ob ir nu wellet mit vernunst
Verse: 20    
   an mute gar verzagen,
Verse: 21    
erwerbet reiner frouwen gunst,
Verse: 22    
   so müget ir pris erjagen.

Strophe: *7 
Verse: 1    
Der spehe die spehe kennet:
Verse: 2    
swa man den kalc nu brennet,
Verse: 3    
da lit er trucken drizig jar und ist doch kalt,
Verse: 4    
und wirt er naz, sin art zuhant sich trennet
Verse: 5    
und meldet fiur, daz er ^an sich
Verse: 6    
   so lange hat^ geliten,

Verse: 7    
Daz nimmer würde funden
Verse: 8    
an im zu keinen stunden,
Verse: 9    
[ ] <ob> in die fiuchte lieze trucken, unverstalt.
Verse: 10    
in trunkenheit wirt manig sache enbunden:
Verse: 11    
wurden die liute trunken nicht,
Verse: 12    
   ez würde gar vermiten.

Verse: 13    
Die wile trucken ist der kalc,
Verse: 14    
   sin <viur>, daz <ist> verspart,
Verse: 15    
und wirt er naz, gar manigvalt
Verse: 16    
   vor hitze er brinnet uf der vart.
Verse: 17    
so ist der kalc und trunkenheit
Verse: 18    
   vil wol von einer art.
Verse: 19    
swaz tougen dinge ein mensche hat
Verse: 20    
   an sich verborgen gar,
Verse: 21    
in trunkenheit swer fregen gat,
Verse: 22    
   ez wirt im offenbar.

Strophe: 8 
Verse: 1    
Man prüfet bi der krone
Verse: 2    
richtum und adel frone:
Verse: 3    
richtum sol haben alzit niur ein milten mut,
Verse: 4    
so sol ein künig geben riche löne.
Verse: 5    
sie sint wol hohes lobes wert,
Verse: 6    
   mit maneger richen gunst

Verse: 7    
Der zepter wil gewalten,
Verse: 8    
recht und unrecht zerspalten.
Verse: 9    
solch leite sol leiten recht, und swa man daz nicht tut,
Verse: 10    
kein zwifel sol die rede nicht beschalten
Verse: 11    
bescheidenheit, die wirken kan
Verse: 12    
   ein lob uz voller kunst.

Verse: 13    
^Öl, daz^ man künigen strichet an,
Verse: 14    
   daz ist von solcher art:
Verse: 15    
ez breitet sich und wil ouch sin
Verse: 16    
   zu solcher maze, swar manz [ ] schart.
Verse: 17    
sust solte ein künig gein gote
Verse: 18    
   ouch sin gar <wol> bewart
Verse: 19    
mit triuwen und mit reinem mut
Verse: 20    
   und ouch mit edeler tat,
Verse: 21    
und ander fürsten also gut:
Verse: 22    
   daz öl in fiuchte stat.

Strophe: 9 
Verse: 1    
Ir fürsten, welt ir horden
Verse: 2    
den fürstenlichen orden,
Verse: 3    
so haltet [ ] lieb, von dem ir habet hie werde tat:
Verse: 4    
wirt iu sin gunst, so sit ir selig worden.
Verse: 5    
für allen schaz, für allez golt
Verse: 6    
   man in hie tiuren sol.

Verse: 7    
Ir fürsten, nu sit grüzig,
Verse: 8    
den fromen kummerbüzig,
Verse: 9    
und saget dem danc, der richez lob erworben hat,
Verse: 10    
so wirt sin pris zu allen ziten süzig,
Verse: 11    
und secht, so höhet sich sin mut
Verse: 12    
   und zimt den herren wol.

Verse: 13    
Sol man den fromen nicht richer tat
Verse: 14    
   nach riliche sagen danc,
Verse: 15    
so muz <es> verdriezen sinen mut,
Verse: 16    
   der e nach stolzem prise ranc.
Verse: 17    
swa man den bösen stiuren tut,
Verse: 18    
   dem nie kein wirde erclanc,
Verse: 19    
<me> wan ein der mit reiner tat
Verse: 20    
   hat lobes vil erstriten,
Verse: 21    
da wen ich, daz der fürsten rat
Verse: 22    
   an witzen si versniten.

Strophe: 10 
Verse: 1    
Swelch her in miltem mute
Verse: 2    
mit troste und ouch mit gute
Verse: 3    
sin liute gerne sicht, swenn er nicht krieges pfliget,
Verse: 4    
der leit den vinden triuweliche afterhute:
Verse: 5    
ein herre ^solte gerne sehen^
Verse: 6    
   sin liute zu aller zit.

Verse: 7    
Swa man zu hofe sich dringet,
Verse: 8    
da wirde und ere ringet,
Verse: 9    
da hat der wise mut dem argen <an> gesiget.
Verse: 10    
swelch herre sich von sinen liuten twinget
Verse: 11    
in senfter zit [ ], dem herren wirt
Verse: 12    
   gewünschet manig strit.

Verse: 13    
Man streichet eine katzen schon,
Verse: 14    
   um daz sie miuse jaget.
Verse: 15    
man komet einen tummen hanen,
Verse: 16    
   um daz er kündet, wanne ez taget.
Verse: 17    
so man die helde lobet nicht,
Verse: 18    
   von den ein velt erwaget,
Verse: 19    
da man dem ernest lachen sol,
Verse: 20    
   ir herren, secht iuch für:
Verse: 21    
verdienter dienst gesiget wol,
Verse: 22    
   [ ] <der> twanc ein velt verlür.

Strophe: 11_[a] 
Verse: 1    
Man sicht die Maze struchen,
Verse: 2    
ir bein, <die> han die muchen.
Verse: 3    
die höchsten, die <zer> werlte solten rechtes pflegen,
Verse: 4    
die lazen sie in krankem wesen kuchen.
Verse: 5    
recht sam der struz daz isen tut,
Verse: 6    
   so slinden sie daz meil.

Verse: 7    
Schaz setzet und entsetzet;
Verse: 8    
die miete, die hat geletzet
Verse: 9    
der cristenheit ir e und <ouch> ir werden segen.
Verse: 10    
der pfaffen ban swert für die stole wetzet:
Verse: 11    
haz unde nit, git ist ir wunsch;
Verse: 12    
   falsch git den besten teil.

Verse: 13    
Künig Constantinus hat nicht wol
Verse: 14    
   also daran gefarn,
Verse: 15    
daz nu der pfaffen wisen sol
Verse: 16    
   dem riche sinen stul bewarn.
Verse: 17    
bi zweinzig hüten sicht man sich
Verse: 18    
   wol drizig blaten scham.
Verse: 19    
her künig, nu secht den ritter vrut,
Verse: 20    
   - daz spil ist gar verlorn,
Verse: 21    
& daz alter macht den fromen mut & -,
Verse: 22    
   erwecket swinden zorn!

Strophe: 12_[b] 
Verse: 1    
Wie nu, wie nu, ir pfaffen,
Verse: 2    
wie sint die recht geschaffen?
Verse: 3    
[ ] künig Karl dem riche und ouch dem stule hat gegeben
Verse: 4    
die swert. & ir beider kallen muz ich claffen &.
Verse: 5    
ist Peters allez daz da ist,
Verse: 6    
   Johannes, wa ist din swert?

Verse: 7    
Ich wene, du sist entnücket.
Verse: 8    
din swert ist dir entzücket,
Verse: 9    
die stole und ouch der ban ho ob dem swerte sweben.
Verse: 10    
blate, schicke <dich>, daz schilt und sper [ ] dich drücket!
Verse: 11    
Johannes, got erwecke dich,
Verse: 12    
   dins leides Peter gert.

Verse: 13    
Sin ist daz riche und der stab,
Verse: 14    
   der frevel und gewalt,
Verse: 15    
er setzet uf, er setzet abe,
Verse: 16    
   solch wille ist siner macht gezalt.
Verse: 17    
din fürstentum, din ritterschaft,
Verse: 18    
   die beide sint verschalt.
Verse: 19    
Johannes, hege din altez recht,
Verse: 20    
   als ez gestanden habe.
Verse: 21    
nimst du din swert ^enzit nicht^ wider,
Verse: 22    
   man jaget dich mit dem stabe.

Strophe: 13_[c] 
Verse: 1    
Wie lange wilt du slafen?
Verse: 2    
sta uf, nu schriet wafen
Verse: 3    
Cecilienlant. Calaber, & Egipten, Kriechen clagen.
Verse: 4    
des stules wolf tut we des riches schafen,
Verse: 5    
& Britange beitet diner kunft.
Verse: 6    
   wol uf, ez rufet dir.

Verse: 7    
Ziuch nu daz swert, Johannes,
Verse: 8    
und twing den wolf des bannes,
Verse: 9    
wil er des riches schaf nu von ir weide jagen.
Verse: 10    
der [ ] <tron> ist unbewart, er hat nicht mannes,
Verse: 11    
der wolf tut alzu grozen schaden,
Verse: 12    
   sin giel ist arger gir.

Verse: 13    
Des wolfes biz wirt selten heil.
Verse: 14    
   man muz den arzet holn
Verse: 15    
zu Rome und muz in koufen ho,
Verse: 16    
   ez glüen [ ] der simonien koln.
Verse: 17    
der kirchen sang, & daz tiuret & nu,
Verse: 18    
   die miete hat verstoln
Verse: 19    
ir ordenlichez cresemkleit,
Verse: 20    
   sie sprenzet ir gewant,
Verse: 21    
wa sie nu wont: ane unterscheit
Verse: 22    
   so ist sie uz gesant.

Strophe: 14_[D] 
Verse: 1    
Freut iuch, frou Simonie,
Verse: 2    
zu Rome ist cunterfie:
Verse: 3    
der stul und ouch der ban iuch hat zu wibe erkorn,
Verse: 4    
der ^swester, stole^, wil ouch in storie.
Verse: 5    
daz nu der blaten hohez adel
Verse: 6    
   sich selbe nidert so!

Verse: 7    
Wer sol ez hohen danne?
Verse: 8    
& ich tun nicht uz dem banne,
Verse: 9    
daz er [ ] nider hat gewibet und ist doch hochgeborn.
Verse: 10    
von im der werde fliuhet &. ich wene, er spanne
Verse: 11    
den bogen, daz die cristenheit
Verse: 12    
   muz immer sin unfro.

Verse: 13    
Haz unde nit und gitikeit
Verse: 14    
   vil swache kinder sint
Verse: 15    
& und die die werlt gemeinlich treit &.
Verse: 16    
   daz sint der Simonien kint.
Verse: 17    
des muz des guten Peters liecht
Verse: 18    
   zu Rome werden blint
Verse: 19    
und ouch sin schif gan wiselos
Verse: 20    
   uf valscher miete se,
Verse: 21    
daz e mit & heiliglichem floz
Verse: 22    
   al uf der & cristen e.

Strophe: 15_[E] 
Verse: 1    
Ez gat mit sweren unden,
Verse: 2    
ir anker niendert gründen,
Verse: 3    
die segel [ ] sind in den topf geflochten & wol mit rat
Verse: 4    
dem schiff &. do sante Peter ane sünden
Verse: 5    
al uf der cristen wage [ ] floz,
Verse: 6    
   waz schöner visch er vieng!

Verse: 7    
Wie nu, her himelpfetter,
Verse: 8    
sit ir des rechtes veter?
Verse: 9    
die gitikeit ist marner, & ouch daz schiffel hat &
Verse: 10    
haz unde nit, die weren gerne seter.
Verse: 11    
daz schif gat under, enwelt ir wern.
Verse: 12    
   got sprach, do erz begieng,

Verse: 13    
Er wolde siner kirchen grunt
Verse: 14    
   uf iuwer ere legen.
Verse: 15    
er gab zu binden iu [ ] <gewalt>
Verse: 16    
   und uf zu binden. welt ir hegen
Verse: 17    
recht und gerichte, went daz schif,
Verse: 18    
   von grozen unden slegen
Verse: 19    
versinken mag ez. des marners lust
Verse: 20    
   nach falscher miete strebet;
Verse: 21    
[ ] im ist darum nieman nicht holt,
Verse: 22    
   der in dem schiffe swebet.

Strophe: 16_[f] 
Verse: 1    
Driu recht, die horte ich kriegen.
Verse: 2    
Nature jach: ʽane triegen
Verse: 3    
min recht ist ein gelichez, swenn die andern schiln,
Verse: 4    
ane unterscheit. min recht darf sich nicht biegen,
Verse: 5    
min recht noch unverschranzet ist
Verse: 6    
   gein gotes gunste [ ] her.'

Verse: 7    
Do jach der Geistlich Orden:
Verse: 8    
ʽmin recht ist sterker worden
Verse: 9    
und höhet sich von tage zu tage mit vrevelen spiln.
Verse: 10    
Nature, swig, ja kan ich wunder horden:
Verse: 11    
ich höhe, ich nider, swaz ich wil.
Verse: 12    
   ich roube, ich slahe noch mer.'

Verse: 13    
ʽNature', sprach frou Werlte schon,
Verse: 14    
   ʽich höre, waz ir saget.
Verse: 15    
ich wil ^ez immer clagen got^,
Verse: 16    
   daz ir min recht alhie verjaget.
Verse: 17    
min recht stet an der fürsten hant,
Verse: 18    
   der herzen [ ] sint verzaget.
Verse: 19    
die juden, heiden, Sarrazin,
Verse: 20    
   ir keiner brichet sin recht,
Verse: 21    
an daz den touf enpfangen hat:
Verse: 22    
   des heret sich der knecht.'

Strophe: 17_[g] 
Verse: 1    
Bi numerdume namen!
Verse: 2    
wer hat des mordes samen
Verse: 3    
so giudiglich geworfen in der fürsten rat,
Verse: 4    
[ ] die sich <nu> wider daz riche valsches ramen?
Verse: 5    
secht uf, secht uf, ein stolzer künig!
Verse: 6    
   ir prüfet andern schal,

Verse: 7    
Erleschet <ir> noch die brende
Verse: 8    
mit milte gebender hende.
Verse: 9    
nu sumet nicht, - ir swert vil scharfe snide hat, -
Verse: 10    
& wart iu erkennet wider des mordes vende
Verse: 11    
scharoch: swie vil erzuct <er> hat &,
Verse: 12    
   sin zuc der meister hal.

Verse: 13    
Man wendet manige sache wol,
Verse: 14    
   e sie bekomet an,
Verse: 15    
& daz niemen kunde des fluges erhol &,
Verse: 16    
   ob sie kerne uf ein ander ban.
Verse: 17    
von cleinem vadem wirket man
Verse: 18    
   ein snur, swer dringen kan,
Verse: 19    
und uz der snur ein vestez seil.
Verse: 20    
   min rede ist: ʽnu swig,
Verse: 21    
nu laz den vadem ane meil,
Verse: 22    
   du stolzer [ ] Ludewig.'

Strophe: 18_[h] 
Verse: 1    
Crist, wes sol ich gelouben?
Verse: 2    
man sicht sie brennen, rouben,
Verse: 3    
die billich solten biten für die cristenheit.
Verse: 4    
ez wart der stab enpfolhen den vil touben.
Verse: 5    
nu setzen sie den stab hin dan
Verse: 6    
   und füren scharfe swert.

Verse: 7    
Welch rat sol des [ ] gewerden?
Verse: 8    
ʽwe, [ ] we si den uf erden!'
Verse: 9    
sust rief der engel dristund, als Johannes seit.
Verse: 10    
der vluch ist hie, daz spürt man an geberden:
Verse: 11    
den wir von gote enpfolhen sint,
Verse: 12    
   ir mut niur frevels gert.

Verse: 13    
Ein künig, der solte han ein swert,
Verse: 14    
   so müsten sie den stab
Verse: 15    
vürn als ir vordern han getan.
Verse: 16    
   daz were ein fridelich urhab.
Verse: 17    
[ ] nu füren sie daz swert, & <daz da>
Verse: 18    
   mangen wirfet^ in & sin grab.
Verse: 19    
daz ist geremet frefelich
Verse: 20    
   dem riche uf den fuz.
Verse: 21    
sie setzen niur künige uf, künige abe [ ],
Verse: 22    
   daz ist ein smeher gruz.

Strophe: 19_[i] 
Verse: 1    
Sie schaffen unde schaffen,
Verse: 2    
ja meine ich <niur> die pfaffen,
Verse: 3    
die got zu dienste im selber hat hie uzerwelt:
Verse: 4    
uf die sol nieman <nicht> unnützes claffen,
Verse: 5    
er schendet sich in aller wis.
Verse: 6    
   ich singe uf den gewalt

Verse: 7    
Der pfaffen von dem stule,
Verse: 8    
den worden ist zeim pfule
Verse: 9    
der clar urspring, den Peter gab in unverselt.
Verse: 10    
sie fürchten, daz ir heizen & gebe icht kule &
Verse: 11    
und lazen Simonie ir koln
Verse: 12    
   erhitzen manigvalt.

Verse: 13    
Swenn dort die flamme entzündet ist,
Verse: 14    
   mit frevelichem jagen
Verse: 15    
legaten & sint zu aller frist &,
Verse: 16    
   die kunnen wol ir fülle tragen
Verse: 17    
und schatzen armer pfafheit abe
Verse: 18    
   <ir> nar, die valschen zagen.
Verse: 19    
sie schatzen Simonie rich,
Verse: 20    
   daz komt in allez heim:
Verse: 21    
sie vinden gallen sicherlich
Verse: 22    
   dort für den honigseim.

Strophe: *20_[A] 
Verse: 1    
Ein junger man, gedenke,
Verse: 2    
wie dich daz alter krenke!
Verse: 3    
kein künig, kein fürste, kein herre, der wart nie so rich,
Verse: 4    
daz er dem tode ein stunde möchte entwenken.
Verse: 5    
burg unde lant, golt, silber, schaz
Verse: 6    
   mag in gehelfen nicht.

Verse: 7    
Die jugent dich betriuget,
Verse: 8    
behendikeit die liuget.
Verse: 9    
er ist von clugen geistes <art>, daz dünket mich [ ],
Verse: 10    
der sich bi zit gein sinem schepfer biuget.
Verse: 11    
tut er des nicht, ez wirt im leit,
Verse: 12    
   ob im ein slag geschicht.

Verse: 13    
Daz mensche wirt in driu geteilt,
Verse: 14    
   swenn ez von hinnen vert:
Verse: 15    
die sele [ ] zu dem himelrich,
Verse: 16    
   ob in der lichnam habe beschert;
Verse: 17    
daz fleisch den würmen endelich,
Verse: 18    
   daz han sie schier verzert;
Verse: 19    
daz gut den erben. so sin leben
Verse: 20    
   naturliche <ist> volbracht,
Verse: 21    
vert er zur helle, vor gote so ^wirt
Verse: 22    
   sin^ nimmerme gedacht.

Strophe: *21_[B] 
Verse: 1    
Nu höre an, mensche, cristen,
Verse: 2    
wilt du die sele fristen,
Verse: 3    
die ewiglichen leben muz an endes zil,
Verse: 4    
so hüte dich vor sundiglichen listen!
Verse: 5    
gedenke an die wort, die got
Verse: 6    
   uf erden [ ] gesprochen hat.

Verse: 7    
ʽIch urteile, als ich vinde',
Verse: 8    
sprach er zu sim gesinde,
Verse: 9    
mit sant Johannes ich ez wol beziugen wil.
Verse: 10    
gib wider, laz ez nicht zu dinem kinde,
Verse: 11    
ob du wilt komen zu der freude,
Verse: 12    
   die nimmerme zergat.

Verse: 13    
Der ^zungen zwo und sibenzig^ sint,
Verse: 14    
   die sechzig sint verlorn;
Verse: 15    
der zwelfe vert ein teil mit in [ ],
Verse: 16    
   die hie verschulten gotes zorn.
Verse: 17    
swer aber heldet gotes bot,
Verse: 18    
   des nam ist uzerkorn.
Verse: 19    
swer ie von gote komen si,
Verse: 20    
   der sinne wider dar.
Verse: 21    
Deus, Sabaoth, Messias, hilf
Verse: 22    
   uns an der engel schar.

Strophe: *22_[C] 
Verse: 1    
Swer sündet uf die riuwe,
Verse: 2    
der ist der sele untriuwe;
Verse: 3    
wirt im in kurzer stunt ein sneller tod gezalt,
Verse: 4    
so hüte er sich, daz er die helle icht buwe.
Verse: 5    
& verdachte sünde drivaltic sint,
Verse: 6    
   höre ich die wisen sagen.

Verse: 7    
Laz dich in tugent brisen,
Verse: 8    
wilt du von gote nicht risen,
Verse: 9    
[ ] du sterbest [ ] junc ^oder joch^ sollest werden alt.
Verse: 10    
nach guter lere streben ie die wisen;
Verse: 11    
swer ordenlich uf erden lebet,
Verse: 12    
   dem mag dort wol behagen.

Verse: 13    
Swelch herre, der hat ^knechte vil^
Verse: 14    
   dient einer im williclich,
Verse: 15    
er ist im liep nach dienestrecht.
Verse: 16    
   daran gedenke, mensche, und sich,
Verse: 17    
wiltu dich dem nicht lieben <hie>,
Verse: 18    
   der hat gemachet dich,
Verse: 19    
und wilt dich im enpfremden <gar>,
Verse: 20    
   der dir gehelfen mag
Verse: 21    
dort in des himelriches zesem,
Verse: 22    
   dast tusent jar ein tag.



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This text is part of the TITUS edition of Heinrich von Meissen, Frauenlob.

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