TITUS
Heinrich von Meissen, Frauenlob
Part No. 14
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Text: 13 
XIII. Kurzer Ton


Strophe: 1    XIII, 1
Verse: 1    Ich wirbe, als ich von rechte sol:
Verse: 2    
den liuten singe ich minen sang.

Verse: 3    
Den biderben er gevellet wol,
Verse: 4    
die geben mir ir habedanc.

Verse: 5    
Ist denn ein valscher ouch dabi,
Verse: 6    
der irret mich der biderben gunst
Verse: 7    
mit maniger rede: sus wirt min kunst
Verse: 8    
vil selten ungemaches vri.

Strophe: 2 
Verse: 1    
Ich gibe der zit ir wise und wort,
Verse: 2    
ich unterscheide ir lieb und leit.

Verse: 3    
Unmaze hie, unfuge dort,
Verse: 4    
ich <...>

Verse: 5    
   <...> missefarn.
Verse: 6    
trit ab nu, ungefüger man,
Verse: 7    
oder ich gan aber von dir hin dan.
Verse: 8    
wer möchte sich vor dir bewarn?

Strophe: 3 
Verse: 1    
Ich singe, als ich der werlte gan,
Verse: 2    
zu stiure freudenricher tat.

Verse: 3    
Swer werben wil wol als er kan,
Verse: 4    
dem gibe ich & liebe unde rat &.

Verse: 5    
Komt im min sang zu stiure da,
Verse: 6    
so daz im sorgen werde buz,
Verse: 7    
der sende mir <den> sinen gruz,
Verse: 8    
er from im <hie> oder anderswa.

Strophe: 4 
Verse: 1    
Ich wil in wegen, als er mich wiget,
Verse: 2    
der min zu kempfen hat gedacht.

Verse: 3    
Ob er mit swigen da gesiget
Verse: 4    
und swenn sin spot er hat volbracht,

Verse: 5    
Da bi denke ich ein ander teil:
Verse: 6    
für war, entloufet im sin pfert,
Verse: 7    
ez ist zu vahen mir unwert,
Verse: 8    
swie groz ez were. nu si heil!

Strophe: 5_[a] 
Verse: 1    
Die herren han ein list erdacht,
Verse: 2    
damit sie wenen sich erwern.

Verse: 3    
Swaz künste <nu> wirt für sie bracht,
Verse: 4    
sie jehen alle: ʽir wellet hern

Verse: 5    
Den alten meister Erewin,
Verse: 6    
der funt, der was da <vor> ouch sin.'
Verse: 7    
ob ouch wol die sprache ist min,
Verse: 8    
so treit er doch daz kriegen hin.

Strophe: 6_[b] 
Verse: 1    
[ ] <Uns> ist erloubet, ob wir mügen,
Verse: 2    
zu cleiden alter schanden [ ] bracht,

Verse: 3    
Kan unser fuge da getügen:
Verse: 4    
der sprüche spehe an sie flacht

Verse: 5    
Vor uns der alten meister kunst.
Verse: 6    
gesundert doch von in herabe
Verse: 7    
der worte fündeln, daz er habe
Verse: 8    
vor uns, blibe in der alten gunst.

Strophe: 7_[c] 
Verse: 1    
Swer der materjen cleit e gab,
Verse: 2    
von pfelle, samit rich gewant,

Verse: 3    
Durchblümet ende <und> urhab
Verse: 4    
mit sprüchen ganz, vin, rich erkant:

Verse: 5    
Danc habe sin herze und sin sin.
Verse: 6    
komt aber der materjen such,
Verse: 7    
cleide ich sie in ein niuwez tuch
Verse: 8    
<...>

Strophe: 8_[a] 
Verse: 1    
Swer biten muz und biten sol
Verse: 2    
und betelicher gabe gert,

Verse: 3    
Des biten zimt zu hören wol,
Verse: 4    
und ist nicht übel, wirt er gewert.

Verse: 5    
Ein betelich gabe, ein billich bieten,
Verse: 6    
die zwei sint wol von einer art.
Verse: 7    
unbillich bete hat sich bewart
Verse: 8    
vor wisen, vorbedachten siten.

Strophe: 9_[b] 
Verse: 1    
ʽIch bite dich' und ʽ<ez> muz doch sin',
Verse: 2    
die bete sich [ ] mischet mit gewalt.

Verse: 3    
Ouch wirfet sich ein twingen darin,
Verse: 4    
<daz ist> unbetelich gestalt,

Verse: 5    
Sit bete von art genaden darf.
Verse: 6    
swa danne gewalt sich mischet dar,
Verse: 7    
da wirt daz flehen missevar:
Verse: 8    
gein dem unwille ie sich entwarf.

Strophe: 10_[c] 
Verse: 1    
ʽIch bite', daz ist <ein> armez wort
Verse: 2    
und ist ein kranke sicherheit.

Verse: 3    
Wert ist ʽgewert' uf manigen ort,
Verse: 4    
doch ist der zwifel ie sin cleit.

Verse: 5    
Ez darf genaden, & [ ] <swa ez> gert,
Verse: 6    
[ ] <und> suchet ez, [ ] da ez & nötig si:
Verse: 7    
swie vil im fuge wonet bi,
Verse: 8    
ez muz sich schamen [ ] unerwert.

Strophe: 11_[a] 
Verse: 1    
Swer liegen bringet in den spruch,
Verse: 2    
daz man sin von im ist gewon,

Verse: 3    
& [ ] Daz ist doch <ie> ein minner bruch,
Verse: 4    
daz maniger [ ] verdirbet davon &,

Verse: 5    
Dann ob er liege, von dem man wil
Verse: 6    
triuwe unde warheit sicher sin.
Verse: 7    
des lüge nimt michel laster in:
Verse: 8    
verschamter, & <dir> ist nicht zu vil &!

Strophe: 12_[b] 
Verse: 1    
In swelchem dinge sich ein man
Verse: 2    
verschamt, dem hat er an gesiget.

Verse: 3    
Kein laster dem gewerren kan,
Verse: 4    
sit er ez allez ringe wiget.

Verse: 5    
Ez ist an allen liuten war:
Verse: 6    
swa man des lasters sich nicht schamt,
Verse: 7    
da ist der tugent vuz erlamt:
Verse: 8    
dem zimet niur verfluchte schar.

Strophe: 13_[c] 
Verse: 1    
Swa man wiget laster für die tugent,
Verse: 2    
da wil die zucht nicht meister sin.

Verse: 3    
So scham dich, gar verschamte jugent!
Verse: 4    
du tust alsam ein tummes swin,

Verse: 5    
Daz vür den grünen anger nimt
Verse: 6    
die trüben lachen und daz hor.
Verse: 7    
da hüten sich die biderben vor,
Verse: 8    
wan ez niur swacher diet gezimt.

Strophe: 14 
Verse: 1    
Der venix sich verbrennen muz,
Verse: 2    
swenne er zu hundert jaren komt.

Verse: 3    
Er junget sich wider, so wirt irn buz,
Verse: 4    
swaz im sin alter hat gefromt.

Verse: 5    
Darzu geliche ich [ ] blöde jugent,
Verse: 6    
die ir erwirbet, daz ir nam
Verse: 7    
in eren glenzet, sunder scham
Verse: 8    
ob wol der lip komt in untugent.

Strophe: 15_[a] 
Verse: 1    
ʽIch lobe', deist ein guter funt
Verse: 2    
und <ouch> der höchsten eren spil.

Verse: 3    
Git imz daz herze und ouch der munt,
Verse: 4    
wol im, der ere erwirbet vil.

Verse: 5    
Swem ez aber komt mit lugen dar,
Verse: 6    
dem treit ez unter [ ] ougen scham.
Verse: 7    
den fromen lob [ ] <ie> billichen zam:
Verse: 8    
lob mit der folge ist wol gevar.

Strophe: 16_[b] 
Verse: 1    
Lobe ich den kargen um sin gut,
Verse: 2    
ob mir ein heil da von beschicht,

Verse: 3    
Liez sich da mieten zu min mut,
Verse: 4    
son hete ez doch der volge nicht.

Verse: 5    
Ich mag wol danken im der tat,
Verse: 6    
ich sol ^in aber^ nicht fürbaz loben,
Verse: 7    
swie vol er schatzes si geschoben,
Verse: 8    
sit daz im lob nicht wol an stat.

Strophe: 17_[c] 
Verse: 1    
Ein cleine woltat sol ich loben
Verse: 2    
des biderben mannes gar für vol.

Verse: 3    
Des lob kan nieman [ ] überoben,
Verse: 4    
sit ez im zimt so rechte wol:

Verse: 5    
Des fromen tat von herzen gat.
Verse: 6    
ob wol der böse ein ere gefromt,
Verse: 7    
sit daz ez nicht von herzen komt,
Verse: 8    
durch daz man ez verderben lat.

Strophe: 18 
Verse: 1    
Swa grazet hoher herren munt,
Verse: 2    
für war, da wonet unwitze bi.

Verse: 3    
Zunge unde kel ist ungesunt,
Verse: 4    
des wis du alles davor fri.

Verse: 5    
Dem du nicht anders woltest geben,
Verse: 6    
dem gib doch, da du nimest pfant.
Verse: 7    
durch süze durft in fremder hant
Verse: 8    
entwellet doch der diener leben.

Strophe: 19 
Verse: 1    
Swa herzen mut gemeret ist,
Verse: 2    
daz git vil manegem hohen pris,

Verse: 3    
Der durch ein wip und liebe daz frist,
Verse: 4    
leget uf die wage in aller wis.

Verse: 5    
Ein herze erwirbet daz mit siten,
Verse: 6    
daz man me durch sin liebe tut,
Verse: 7    
dann durch <den> schaz und allez gut.
Verse: 8    
solch mut hat herze wol erstriten.

Strophe: 20 
Verse: 1    
Swelch herre me wil sin geforcht,
Verse: 2    
dann er geminnet wolde wesen,

Verse: 3    
& Wer billich dienest dem erworcht?
Verse: 4    
daz han ich selden me & gelesen.

Verse: 5    
& [ ] <Wan swa> & ein man gefangen lit,
Verse: 6    
wie cleine schuld die buze si,
Verse: 7    
ich wene, ir wolte <er> wesen fri.
Verse: 8    
twang selten holden dienest git.

Strophe: 21_[A] 
Verse: 1    
Ahi, sich böset liut und lant,
Verse: 2    
wie gar ez nimt an selden abe!

Verse: 3    
Der fürsten gabe mit frier hant
Verse: 4    
und ouch der herren <uz> richer habe

Verse: 5    
Git nieman nicht, daz selde ist gar.
Verse: 6    
slint in dich da ein fluches wort,
Verse: 7    
in solcher wise hie und dort
Verse: 8    
ist daz din nam wirt missevar.

Strophe: 22_[B] 
Verse: 1    
Ich singe und sage iu immerme:
Verse: 2    
we iu <...> ir kargen zagen!

Verse: 3    
Wie mag daz gut iu tun so we,
Verse: 4    
damit ir möchtet wol pris bejagen?

Verse: 5    
Ir soltet immer danken gote,
Verse: 6    
daz er daz gut bescherte iu ie,
Verse: 7    
damit ir möchtet erwerben hie,
Verse: 8    
daz man iuch hieze ʽfroun Eren bote'.

Strophe: 23_[c] 
Verse: 1    
Wie tun die richen edelen so,
Verse: 2    
daz sie nicht hoher eren samen?

Verse: 3    
Man ist & <der> buze todes & fro;
Verse: 4    
des möchten sich die lebenden schamen.

Verse: 5    
Sit nicht wan ere zu mere wirt,
Verse: 6    
swaz alle werlt zu handeln hat,
Verse: 7    
wol im, der ez so hinder im lat,
Verse: 8    
daz ez trost sinem namen birt.

Strophe: 24_[A] 
Verse: 1    
Swer me wil wizzen, dann er weiz,
Verse: 2    
und me wil kunnen, dann er kan,

Verse: 3    
Der muz verdulden schanden sweiz
Verse: 4    
und ist ein unbesinter man.

Verse: 5    
Wirt apfelmus uz bonenblut?
Verse: 6    
zahi, wer tanzet? valerei!
Verse: 7    
trif dri, so gilte ich dir die zwei!
Verse: 8    
bi pfifen were ein swigen gut.

Strophe: 25_[B] 
Verse: 1    
Der star ein rede wol lernen mag.
Verse: 2    
sprich, Dietrich: ʽsetze mir den stul'.

Verse: 3    
Der worte sin und ir bejag,
Verse: 4    
daz fromt im nicht um einen pful.

Verse: 5    
Sust ist er & <der> genaden & fri:
Verse: 6    
der redende geist nach der vernunst
Verse: 7    
git und nimt im der worte kunst
Verse: 8    
und meldet, waz darinne si.

Strophe: 26_[C] 
Verse: 1    
Der vogel sprichet und ^enweiz
Verse: 2    
nicht^, [ ] waz sin sprechen diuten mag.

Verse: 3    
Sust mangem ist min sprechen kreiz
Verse: 4    
und claffet als ein hamerslag.

Verse: 5    
<...>
Verse: 6    
<...>   nicht, waz er tut
Verse: 7    
und leistet doch sins herren mut.
Verse: 8    
nu trif, nu traf, der stoc & sich wirt &.

Strophe: 27 
Verse: 1    
Ein berc Etna genennet wirt
Verse: 2    
durchliuchtig unde flammenrich.

Verse: 3    
In creftigliche glut verbirt,
Verse: 4    
und brinnet nicht wan sin selbes tich.

Verse: 5    
Den berc geliche ich einem man,
Verse: 6    
der haz in sinem herzen treit,
Verse: 7    
davon er selber trinket leit,
Verse: 8    
und fürbaz schaden nicht enkan.

Strophe: 28 
Verse: 1    
Ein slange uz einem ise slouf,
Verse: 2    
ir leben was von froste kranc.

Verse: 3    
Do quam ein man und hub sie uf
Verse: 4    
und trug sie heim. daz was ir danc:

Verse: 5    
& [ ] <Do er> ^sie schutte' & bi der glut
Verse: 6    
und [ ] sie erhitzen do began,
Verse: 7    
ir gift sie aber do gewan
Verse: 8    
und schoz, als noch der böse tut.

Strophe: 29_[a] 
Verse: 1    
Durch got swer triuwe in herzen habe,
Verse: 2    
der laze sie nimmer von im komen.

Verse: 3    
Swer an der triuwe lazet abe,
Verse: 4    
der hat den scharfen tot genomen.

Verse: 5    
Triuwe ist ein spiegel, den der man
Verse: 6    
vor im gein aller werlte treit.
Verse: 7    
triuwe ist daz himelische cleit,
Verse: 8    
daz uns got hat gesniten an.

Strophe: 30_[b] 
Verse: 1    
Triuwe ist der werlte bestez gut
Verse: 2    
und ist des himels hoher vrome.

Verse: 3    
Ir edeln, sliezet zu den mut,
Verse: 4    
daz untriuwe icht darin bekome.

Verse: 5    
Swelch herze ein untriuwe in sich lat,
Verse: 6    
meil unde flecke lat sie da,
Verse: 7    
würde er von tusent jaren gra,
Verse: 8    
daz er dannoch die masen hat.

Strophe: 31_[c] 
Verse: 1    
Vil edeler, süzer, starker got,
Verse: 2    
man bezzert wol gein dir ein ding,

Verse: 3    
Daz dannoch ist der liute spot.
Verse: 4    
sich uf, getriuwer jungeling,

Verse: 5    
Hüte dich vor ungetriuwer tat!
Verse: 6    
begast du sie, So wirt beschaben
Verse: 7    
din nennen, so du bist begraben,
Verse: 8    
swie ^dirz doch got^ vergeben hat.

Strophe: 32 
Verse: 1    
Ich danke im als ich widerkome,
Verse: 2    
swer mich in spotte grüzen wil.

Verse: 3    
Mir komt von & grozem lichter ein ome,
Verse: 4    
e daz sins heils geregenet vil.

Verse: 5    
Unkunde ist selden richer gunst,
Verse: 6    
doch wolte ich <ie> der kunde enbern,
Verse: 7    
swa man den gast wil e gewern,
Verse: 8    
swie gar geheimet si min kunst.

Strophe: 33_[a] 
Verse: 1    
& ^We, armer! übermütig [ ]^ traz &,
Verse: 2    
wa lit din tegelichez brot?

Verse: 3    
Snel ist hin durch ein guft <der> schaz,
Verse: 4    
und koufest du dir erste not.

Verse: 5    
Den du mit güfte vor verlür,
Verse: 6    
do dir ein clamer morgen schein,
Verse: 7    
er lat <...> ruschen an den stein
Verse: 8    
und komt mit senfterunge für.

Strophe: 34_[b] 
Verse: 1    
Armut, ich wil nicht wizzen, waz
Verse: 2    
[ ] du [ ] <...> leides hast getan.

Verse: 3    
Ez were wunderlich, sunder haz,
Verse: 4    
möchte ez nach sinem willen gan:

Verse: 5    
Waz tete er danne, und hete er gut?
Verse: 6    
so pfuchte er als ein eberswin.
Verse: 7    
Armut, du müzest selig sin,
Verse: 8    
du stillest manigen übermut.

Strophe: 35_[c] 
Verse: 1    
Hei, hei, Gelücke, waz du kanst!
Verse: 2    
pfiu dich, so du nicht ebene wilt,

Verse: 3    
Swem du der rechten schiben ganst
Verse: 4    
und der stat [ ] hinter dinem schilt.

Verse: 5    
Din stürmen <gat> wol uf, wol abe,
Verse: 6    
din treffen hat niur einen sin:
Verse: 7    
daz ist vil maneges ungewin,
Verse: 8    
des gan die alten bi dem stabe.

Strophe: 36 
Verse: 1    
Ir edelen süzen frouwen gut,
Verse: 2    
tut nach der alten wirdikeit!

Verse: 3    
Swer nie [ ] <truc> ritterlichen mut,
Verse: 4    
den lat iu immer wesen leit!

Verse: 5    
Ez was ie guter frouwen site:
Verse: 6    
swer ritterliche fuge trage,
Verse: 7    
den lieblich grüzet alle tage,
Verse: 8    
so volget iu frou Selde mite.

Strophe: 37 
Verse: 1    
Ir hohen frouwen, ir reinen wip,
Verse: 2    
ich han des recht, daz ich iu sage,

Verse: 3    
Waz mag getiuren iuwern lip
Verse: 4    
ie baz und baz von tage zu tage:

Verse: 5    
Daz eine von der andern icht
Verse: 6    
mit willen höre ein swachez wort,
Verse: 7    
sie schütze hie und decke dort.
Verse: 8    
daz ist ein süze zuversicht.

Strophe: 38 
Verse: 1    
Ich weiz nicht, waz ich sprechen sol,
Verse: 2    
nenne ich sie engel oder wip?

Verse: 3    
Von mute ein engel, [ ] spriche ich wol.
Verse: 4    
swenn aber des reinen wibes lip

Verse: 5    
Mit tugenden wirket wibes recht,
Verse: 6    
beide engel unde wip sie si,
Verse: 7    
des namen lat sie nieman fri,
Verse: 8    
der name der ist ir eben und slecht.

Strophe: *39 
Verse: 1    
Wol mich, daz ich sie han gesehen,
Verse: 2    
von der ich hohen trost enphie.

Verse: 3    
Der ganzen warheit muz ich jehen:
Verse: 4    
ein schöner wip gesach ich nie.

Verse: 5    
Ach, herre got, gefüge sie mir,
Verse: 6    
daz sie mir werde zu rechter e
Verse: 7    
uf diser werld und nie wan me.
Verse: 8    
nach minem ende so habe sie dir.

Strophe: 40 
Verse: 1    
Ich spriche ez wol uf minen eit,
Verse: 2    
daz in der werlde [ ] nicht enist,

Verse: 3    
Daz alle sorge und allez leit
Verse: 4    
vertiuren müge mit süzer list

Verse: 5    
Baz dann ein rein, trut, selig wip.
Verse: 6    
ahi, wie wolgemut ein man
Verse: 7    
muz sin, swenn sie in lachet an!
Verse: 8    
den spiegel heize ich leitvertrib.

Strophe: *41 
Verse: 1    
Sich unde merke, ein selic wip,
Verse: 2    
wer dir zu fröuden wol behage

Verse: 3    
Und der mit züchten sinen lip
Verse: 4    
hat ummeverwet alle tage:

Verse: 5    
Sus sich dir minnet mannes mut.
Verse: 6    
ob din ein richer arger gert,
Verse: 7    
der ist nicht eines lones wert:
Verse: 8    
habe dir din ere, laz im sin gut.

Strophe: 42 
Verse: 1    
Wip, sit du loser blicke bist,
Verse: 2    
als dich von art ist angeborn,

Verse: 3    
Ich wil dich leren einen list,
Verse: 4    
daz wandel win an dir verkorn:

Verse: 5    
Wis diner blicke nicht zu bald.
Verse: 6    
wan da du spürest zucht der jugent
Verse: 7    
oder ritterliches herzen tugent,
Verse: 8    
da wis mit blicken wol gestalt.

Strophe: 43 
Verse: 1    
Solte ein verlegen geteling
Verse: 2    
den frouwen also wol behagen,

Verse: 3    
Der nie sin lip uf einen ring
Verse: 4    
gefurte [ ] durch ein prisbejagen,

Verse: 5    
Als einer, der lip unde gut
Verse: 6    
durch frouwen ere wagen tar,
Verse: 7    
ez si in schimpf oder ernstgefar:
Verse: 8    
daz were ein ungefüger mut.

Strophe: 44 
Verse: 1    
Sit vrouwen güte und ritterschaft
Verse: 2    
mit innicheit einander gern,

Verse: 3    
So zimet [ ] wol ir beider craft,
Verse: 4    
daz <sie> einander so gewern:

Verse: 5    
[ ] <Swa> güte danke biderber tat,
Verse: 6    
da solde ritterschaft sich zern
Verse: 7    
durch gut zu hohen prises kern.
Verse: 8    
solch mut vil lobes erworben hat.

Strophe: 45_[a] 
Verse: 1    
Frouwe, an dem bette sunder scham
Verse: 2    
soltu bi liebem friunde sin.

Verse: 3    
Ez wart nie vrouwen man so gram,
Verse: 4    
tut sie im solche fuge schin,

Verse: 5    
Ez muz ersenften sinen mut.
Verse: 6    
swa sich nu lieb gein liebe schamt,
Verse: 7    
da hat die minne nicht vol ir amt:
Verse: 8    
scham grozer liebe unsanfte tut.

Strophe: 46_[b] 
Verse: 1    
Kein lieb sol scham gein liebe han,
Verse: 2    
daz rate ich uf die triuwe min,

Verse: 3    
So wirt in fröude kunt getan
Verse: 4    
mit ganzer liebe sunder pin.

Verse: 5    
Swa lieb gein liebe schame hat,
Verse: 6    
da enmag nicht rechter triuwe sin bi.
Verse: 7    
lieb sol mit liebe wesen vri,
Verse: 8    
soz nieman sehe, daz ist min rat.

Strophe: 47_[A] 
Strophe: 1    Ein rechter minner der sol han
Verse: 1    
zucht und da bi bescheidenheit.

Verse: 2    
Er sol ouch stete undertan
Verse: 3    
sin einer minneclicher meit,

Verse: 4    
Die im erhöhe sinen mut
Verse: 5    
mit rechter liebe sunder pin.
Verse: 6    
so wirt im minne und vuge schin,
Verse: 7    
ob er ez tougenlichen tut.

Strophe: 48_[B] 
Verse: 1    
Er sol ouch balt mit worten sin
Verse: 2    
gein siner vrouwen minneclich,

Verse: 3    
Und ouch mit werken sunder pin,
Verse: 4    
so wirt er lichte fröudenrich.

Verse: 5    
Grift er ez vesteclichen an,
Verse: 6    
im mag da pris vil wol beschehen,
Verse: 7    
sust hört man ie die wisen jehen,
Verse: 8    
wil er durch böse triuwe nicht lan.

Strophe: 49 
Verse: 1    
Also ein frouwe geflammet sich,
Verse: 2    
daz hat [ ] <getichen> tougen brant.

Verse: 3    
Heimliche liebe diuhe in dich,
Verse: 4    
daz din geberde <icht> werde erkant

Verse: 5    
Wan dem, der din zu rechte pflege!
Verse: 6    
dem liebe dich, swie wol du wilt,
Verse: 7    
und schirme ^al bloz^, <gar> ane schilt,
Verse: 8    
da sich din scham zurücke lege!

Strophe: 50 
Verse: 1    
Swie stetes mutes ein vrouwe si,
Verse: 2    
sint ir geberde wilder site,

Verse: 3    
Man wenet, da si wandel bi:
Verse: 4    
dem reizel volget lage mite.

Verse: 5    
Sust ieslich ding sin zeichen hat,
Verse: 6    
^da bi ez wirt den liuten kunt.
Verse: 7    
zucht decket dicke swachen grunt,^
Verse: 8    
ein gut geberde wol an stat.

Strophe: 51 
Verse: 1    
Des liebe muz ouch verscheiden sin,
Verse: 2    
dem freude [ ] swindet ane not.

Verse: 3    
Mir jach mins herzen keiserin,
Verse: 4    
die triuwe die were nahen tot,

Verse: 5    
Da sich die minne <an hete> entzunt.
Verse: 6    
untriuwe hat des war genomen.
Verse: 7    
wie balde ein zwifeler ist komen!
Verse: 8    
des valwet manig roter munt.

Strophe: 52_[a] 
Verse: 1    
Frouwe, ich wil dir ein fuge sagen:
Verse: 2    
du habe nicht, daz du wolfeil gebest.

Verse: 3    
Wis tiure, so macht du behagen,
Verse: 4    
und lobe got, die wile du lebest.

Verse: 5    
Ez si din blic oder din gruz,
Verse: 6    
ez si <din> wort, ez si <din> site,
Verse: 7    
da macht du dich getiuren mite,
Verse: 8    
daz sorge von dir swinden muz.

Strophe: 53_[b] 
Verse: 1    
Wolfeile untiuret alle ding,
Verse: 2    
daz man sie ringes koufes git.

Verse: 3    
Wolfeile treit der schanden ursprinc,
Verse: 4    
wolfeile treit allen eren nit.

Verse: 5    
Nie ding so tiure wart gesehen,
Verse: 6    
man möchte ez so wolfeile geben,
Verse: 7    
daz ez gewunne ein swachez leben.
Verse: 8    
des sicht man leider vil geschehen.

Strophe: 54_[c] 
Verse: 1    
Swelch wip durch miete liebe hat,
Verse: 2    
der taget nicht rechter liebe tag.

Verse: 3    
Dabi so gibe ich einen rat:
Verse: 4    
man koufe sie, so man nehest mag.

Verse: 5    
Des darf die rechte liebe nicht:
Verse: 6    
& die tratzet niur & uf lustig art,
Verse: 7    
wan daz ir ere sie bewart
Verse: 8    
in also minniglicher schicht.

Strophe: 55_[d] 
Verse: 1    
Hüt iuch, ir minniglichen wip,
Verse: 2    
daz miete iuch icht zu koufe trage.

Verse: 3    
Swenn also zarter, lieber lip
Verse: 4    
wolfeile wirt, ouwe der clage!

Verse: 5    
Gar allen schaz vertrüge ich baz,
Verse: 6    
wan der <unwibe> ist also vil;
Verse: 7    
der ich doch keine nennen wil:
Verse: 8    
der schaz treit allen eren haz.

Strophe: 56_[A] 
Verse: 1    
Wol drier hande hohen mut
Verse: 2    
ein man durch frouwen haben sol.

Verse: 3    
Der eine ist also wol behut
Verse: 4    
und tut doch uzer mazen wol:

Verse: 5    
Ein stolzer man leget sinen sin,
Verse: 6    
daz er daz sicherlichen weiz,
Verse: 7    
daz im wert immer tröstlich geheiz
Verse: 8    
ir angesichte uf den gewin.

Strophe: 57_[B] 
Verse: 1    
Den andern <hohen> mut ich sage:
Verse: 2    
<ein> man [ ] durch liebe reine wip

Verse: 3    
Heimlichen werbe alle tage,
Verse: 4    
durch hoffen, daz ir zarter lip

Verse: 5    
Im sende trost und zwifel doch
Verse: 6    
- daz witzet unde sterket mut -
Verse: 7    
und daz er so menlichen tut
Verse: 8    
uf ritterlicher minne joch.

Strophe: 58_[C] 
Verse: 1    
Swenn man daz angesichte hat
Verse: 2    
enpfangen und daz lustlich fro,

Verse: 3    
Darnach heimliches herzen rat
Verse: 4    
durch hoffen, ez [ ] geschehe also,

Verse: 5    
<Die> dritte freude ist, daz ein man
Verse: 6    
gewarnet si, daz sinen lip
Verse: 7    
heile ein gefioliertez wip
Verse: 8    
mit steter liebe, als <sie> im gan.

Strophe: 59 
Verse: 1    
Ein paradis der reinikeit,
Verse: 2    
ein zuckergarte der süzen tat,

Verse: 3    
Ein schilt für allez herzenleit,
Verse: 4    
der anders nicht wan gutes hat,

Verse: 5    
Daz bistu, frouwe, ein selig wib.
Verse: 6    
ja, wol ein <gut> gedanc ist daz:
Verse: 7    
ja wart nie man uf erden baz,
Verse: 8    
wan der lit bi ir wizen lip.

Strophe: 60 
Verse: 1    
Frouwe, ob dir got icht gutes gan,
Verse: 2    
daz dir ein man wirt zu der e,

Verse: 3    
So günne im, daz er si ein man,
Verse: 4    
dun macht in nicht [ ] getiuren me.

Verse: 5    
Und hastu, frou, hie frouwen zucht,
Verse: 6    
[ ] daz du <ouch> nicht bekrenkest in
Verse: 7    
und swechest dines prises gewin,
Verse: 8    
da hüte <dich> vor, vil [ ] süze frucht.



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This text is part of the TITUS edition of Heinrich von Meissen, Frauenlob.

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